Kirchheim. „In Baden-Württemberg gibt es absolut keine Wechselstimmung, es herrscht große Zufriedenheit“, bilanziert Matthias Gastel. Der Grüne vertritt den Wahlkreis seit 2013 in Berlin. Von dort aus bewertet er die Wahl im Ländle als „tolle Sache“ für die Grünen, speziell wegen der zahlreichen Direktmandate. Zwar lasse der Blick auf die anderen Bundesländer ahnen, dass der enorme Zuwachs für Grün kein bundespolitischer Trend sei. Dennoch zeige sich hier, dass viel erreicht werden könne im Bemühen um eine Mitte, ganz ohne politische Prinzipien verraten zu müssen. In den Landtagen stelle sich jetzt zunehmend die Frage, wie man mit der AfD umgehe und mit der Tatsache, dass Zweier-Koalitionen schwieriger würden. Gastel sieht den Auftrag für die Regierungsbildung im Land klar bei Kretschmann und hofft, dass die CDU gar nicht erst den Versuch starte, „eine Koalition der Verlierer“ zu bilden. Wählerwunsch sei die klassische Ampel oder Grün-Schwarz.
Das sieht Michael Hennrich anders. Der CDU-Mann, der seit 2002 Bundestagsabgeordneter ist, findet: „Für grün-schwarz bräuchten wir einen Mitgliederentscheid.“ Ihn stört an dieser möglichen Koalition besonders, dass die AfD dadurch zur stärksten Oppositionspartei aufgewertet würde. Für die CDU stehe fest: „Unser Ziel muss bleiben, Regierungsverantwortung zu übernehmen.“ Doch macht Hennrich keinen Hehl aus seiner Enttäuschung über das CDU-Ergebnis und speziell darüber, dass der Nachbarwahlkreis Nürtingen mit Thaddäus Kunzmann einen „klugen Kopf mit strategischem Denken“ in Stuttgart verloren habe. Die Lage sei schwierig, die Themen Flüchtlinge und Asylpolitik hätten den Wahlkampf geprägt. Für die nahe Zukunft sei die CDU im Ländle gut beraten, auch mit der SPD und der FDP zu sprechen, sagt der Anhänger einer „Schwampel“: schwarz, rot und gelb.
„Die Landtagswahlen sind ein Desaster für uns“, räumt Rainer Arnold unumwunden ein, der mit 18-jähriger Bundestagserfahrung ein alter Polithase der SPD ist. Auch die Sozialdemokraten hätten viele „Denkzettelwähler“ an die AfD verloren. Die Schwäche von Guido Wolf habe den Roten nicht genutzt. „In Baden-Württemberg wollen die Leute Kretschmann als Ministerpräsidenten“, steht für Arnold außer Frage, wobei er eine Koalition mit der CDU für ausgeschlossen hält. Eher könnte die FDP mit ins Boot geholt werden. Doch auch die Opposition ist für Arnold kein Schreckgespenst, hält er doch nichts davon, auf Gedeih und Verderb an Ämtern zu kleben.Fotos: Archiv