Im Landkreis Esslingen haben sich die Anfragen seit 2013 verdreifacht
Der Kleine Waffenschein boomt

Im Landkreis Esslingen wurden im Januar 2016 deutlich mehr Kleine Waffenscheine ausgestellt als in den Vorjahren. Wer im Besitz des kleinen Waffenscheins ist, darf Schreckschuss-, Reizstoff- oder Signalwaffen nicht nur erwerben und besitzen, sondern auch mit sich führen. Auch die Nachfrage nach Pfefferspray ist nach den Vorfällen in Paris und Köln gestiegen.

Kirchheim. In den vergangenen drei Jahren verdreifachte sich die Anzahl der ausgestellten Kleinen Waffenscheine im Landkreis Esslingen von 30 im Jahr 2013 auf 91 im Januar 2016. Bereits in diesem Monat gehe die Nachfrage jedoch schon wieder stark zurück, so Peter Keck vom Landratsamt Esslingen. „Wir vermuten, dass das eine Reaktion auf Köln war“, so Keck.

Ab 18 Jahren kann man Schreckschuss-, Reizstoff- oder Signalwaffen, also Nachbildungen von echten Pistolen mit Reizgas oder Leuchtmitteln als Munition, ohne besondere Erlaubnis kaufen und besitzen. Wer jene Waffen jedoch auch in der Hand- oder Hosentasche mit sich tragen will, um sich gegen potenzielle Angreifer wehren zu können, der braucht einen Kleinen Waffenschein. Diesen kann man bei den zuständigen Waffenbehörden beantragen. Wer ohne jene Erlaubnis in der Öffentlichkeit eine Schreckschuss-, Reizstoff- oder Signalwaffe mit sich trägt, kann laut Informationen des Landratsamts mit bis zu drei Jahren Gefängnis oder einer Geldstrafe belangt werden. Außerdem ist es nicht erlaubt, Schreckschusswaffen bei öffentlichen Veranstaltungen wie Volksfesten oder Märkten mit sich zu tragen – selbst, wenn man im Besitz des Kleinen Waffenscheins ist.

Waffen- und Schneidwarenhändler Friedrich Henzler aus Nürtingen kann die Zahlen des Landratsamts nur bestätigen. Henzler beobachtete in jüngster Zeit eine größere Nachfrage nach Pfefferspray und Schreckschusswaffen – insbesondere im September letzten Jahres und seit Silvester. Dabei sei die Nachfrage nach Selbstverteidigungswaffen im ‚dunklen Halbjahr‘ tendenziell eh immer ein bisschen höher als im Sommer, so Henzler. „Pfefferspray haben wir schon seit etlichen Jahren im Sortiment“, meint der Händler. Gekauft werde es vor allem von Frauen, insbesondere Joggerinnen, die sich damit gegen mögliche Angriffe von Hunden wehren wollen.

Pfefferspray und Elektroschocker fallen laut Anika Greschner von der Kreispolizeibehörde des Landratsamts nicht unter das Waffengesetz, weshalb das Führen dieser Gegenstände grundsätzlich erlaubt sei. Gegen Menschen darf Pfefferspray dabei nur aus Notwehr eingesetzt werden. Bei öffentlichen Veranstaltungen wie Volksfesten, Sportveranstaltungen, Messen, Ausstellungen, Märkten und in Diskotheken ist es nicht erlaubt. In den Niederlanden, Luxemburg und Belgien ist das Spray sogar komplett verboten.

Ganz anders wiederum verhält es sich, wenn jemand Schusswaffen kaufen und besitzen will – zum Beispiel für den Sportgebrauch. Hierfür bedarf es einer Waffenbesitzkarte, in die Art, Anzahl und Kaliber der Schusswaffe(n) eingetragen werden. Wie viele Waffen man besitzen darf, kann man pauschal nicht sagen, so Anika Greschner: „Jeder Antragsteller muss für die beantragte Waffe ein Bedürfnis nachweisen, zum Beispiel als Jäger oder Sportschütze.“ Für den Erwerb einer Waffenbesitzkarte muss man außerdem mindestens 18 Jahre alt sein, für Großkaliberwaffen 21 Jahre. Wer Schusswaffen kaufen will, wird auf Zuverlässigkeit geprüft, auf vergangene Straffälligkeiten, persönliche Eignung (zum Beispiel der Ausschluss von psychischen Krankheiten) und Sachkunde im Umgang mit der entsprechenden Waffe. Die Nachfrage nach Waffenbesitzkarten hat sich beim Landratsamt Esslingen in den letzten Jahren nicht signifikant verändert.

Die Anforderungen für einen Waffenschein, der sowohl das Besitzen als auch das Führen von Schusswaffen erlaubt, sind sehr hoch; ihn bekommen nur wenige. Auch die Zahl der ausgestellten Waffenscheine ist laut Anika Greschner in den letzten Monaten unverändert geblieben.