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Der Landkreis braucht mehr Geld

Haushalt Die Kreisumlage soll um 8,1 auf 35,9 Prozentpunkte steigen. Landrat Heinz Eininger führt als Gründe ein höheres Defizit wegen der anhaltenden Krisen und die neuen Finanzierungsleitlinien an. Von Uwe Gottwald

Es ist der letzte Haushaltsentwurf, den Landrat Heinz Eininger für den Kreis Esslingen einbringt. In einem knappen Jahr endet seine Amtszeit, der 67-Jährige wird nicht mehr kandidieren. Der Etat-Entwurf hat es allerdings in sich, plant die Kämmerei doch mit einer Erhöhung der Kreisumlage um 8,1 auf dann 35,9 Prozentpunkte. In der Summe werden 369 Millionen Euro benötigt.

 

Von Bund und Land wird Unmögliches versprochen, liefern sollen Landkreise und Kommunen.
Landrat Heinz Eininger
 

Nach Jahren mit teils satten Überschüssen wird der Haushalt des Kreises in diesem Jahr mit einem großen Defizit abschließen. Auch für das kommende Jahr kündigten Landrat Heinz Eininger und sein Kämmerer, Dezernatsleiter Johannes Klöhn, im Kreistag am Donnerstag bei der Einbringung des Etat-Entwurfs ein Minus an. Zum Teil war mit dieser Haushaltslage gerechnet worden, zum Ausgleich standen dem noch hohe Rücklagen gegenüber, die nun jedoch zusammenschmelzen. Als Gründe nannte Eininger eine weitere, in dieser Höhe nicht vorgesehene Verschlechterung bei den Einnahmen und Ausgaben in diesem Jahr ebenso wie die neuen Finanzierungsleitlinien, die der Verwaltung im Juli dieses Jahres gegen den Widerstand des Landrats von einer Kreistagsmehrheit auferlegt wurden.

In seiner Haushaltsrede ging Eininger auf die Rahmenbedingungen für den Etatentwurf ebenso wie auf einzelne bedeutende Haushaltsposten ein. „Die Auswirkungen der Coronapandemie und des verheerenden, von Russland begonnenen Ukraine-Kriegs erreichen nun auch die öffentlichen Haushalte von Bund, Ländern, Kreisen und Kommunen“, sagte Eininger. Der Staat sei an den Grenzen seiner Leistungsfähigkeit. Andererseits gelte es umso mehr, die Transformation der Wirtschaft, den demografischen Wandel, die Digitalisierung, den Klimaschutz und nicht zuletzt die Auswirkungen von Flucht und Migration zukunftsfähig zu lösen.

Dabei müssten Prioritäten gesetzt und Themen zwangsläufig zurückgestellt werden. Eininger verwies auf die Forderung von Gemeinde-, Städte- und Landkreistag sowie von Wirtschaftsverbänden an die Gesetzgeber, nicht immer neue Standards und Aufgaben zu definieren und mit bürokratischen Regelungen zu belegen. „Von Bund und Land wird derzeit Unmögliches versprochen, liefern sollen Landkreise und Kommunen.“ Das sei so aber nicht mehr leistbar. Es brauche vielmehr ein staatliches Handeln, das sich an den vorhandenen finanziellen und personellen Ressourcen ausrichte.

Was das für den Kreishaushalt bedeutet, machte Eininger an den größten Ausgabeposten des kommenden Kreishaushalts deutlich: So wird mit einem Anstieg der Aufwendungen des Landkreises um 65,4 Millionen Euro gerechnet. Gut die Hälfte davon resultiere aus einem erhöhten und nicht durch Bundes- oder Landesmittel ausgeglichenen Bedarf im sozialen Leistungsbereich. Nicht zuletzt sind das Zuwendungen an Menschen, die aus der Ukraine geflüchtet sind. Dazu komme eine Steigerung der Kosten für Personal-, Sach- und Dienstleistungen.

Auch für den ÖPNV steigen die Kosten um über fünf Millionen Euro. Insgesamt plane die Kreisverwaltung inklusive der Schülerbeförderung 63,8 Millionen Euro für das kommende Jahr ein. „Das ist einer der wichtigsten Bausteine für den Klimaschutz im Landkreis“, betonte der Landrat. Außerdem investiere man in den Bau von Radwegen im nächsten Jahr rund eine Million Euro.

Weitere ökologische Maßnahmen setze man mit einer gut aufgestellten Klimaschutzagentur um. Für Fotovoltaikanlagen inklusive Dachsanierungen an kreiseigenen Gebäuden stelle man in den nächsten drei Jahren über 17 Millionen Euro bereit. Mit Fahrzeugen für die Straßenmeisterei, die mit Brennstoffzellen ausgerüstet sind, sei man in die Förderung der Wasserstoffenergie im Kreis eingestiegen und erziele mit Partnern eine Wertschöpfung für die Region. Gemeinsam mit der Esslinger Hochschule ermittle man weitere Potenziale im Kreis zur Nutzung von Wasserstoff.

Trotz schwieriger werdenden Bedingungen seien Investitionen möglich. Die Sanierungs- und Neubaumaßnahmen für die Bodelschwinghschule mit Kosten von gut 24 Millionen Euro seien abgeschlossen, im Herbst werde die Schule für Kinder und Jugendliche mit besonderem Förderbedarf wieder bezogen. Von weiteren Investitionen, auch für Digitalisierung, profitieren die beruflichen Schulen. „Mit dem Geld für die berufliche Bildung tragen wir zur Sicherung des Wirtschaftsstandorts bei“, betonte Eininger.

Als größten Posten bei den Investitionen nannte Einiger das im Bau befindliche neue Landratsamtsgebäude in Esslingen. Dafür fließen im kommenden Jahr 63 Millionen Euro der bereitgestellten Mittel ab. Man sorge damit für eine zukunftsfähige Verwaltung mit attraktiven Arbeitsplätzen, so Eininger. Für weitere Raten stünden Mittel aus angesparten Bausparverträgen bereit. Auch die Kliniken, die ihren laufenden Betrieb und ihre Investitionen selbst erwirtschaften müssen, rüsteten sich für eine zukunftsfähige medizinische Versorgung, so Eininger. In diesem Jahrzehnt würden an den drei Standorten 300 Millionen Euro investiert, wobei die 60 Millionen Euro Gewinnrücklage eine gute Voraussetzung sei. Unter anderem wird derzeit in Nürtingen auf dem Säer eine neue Zentrale Notaufnahme gebaut.

Zum Schluss seiner letzten Haushaltsrede – Eininger wechselt als Landrat im kommenden Herbst in den Ruhestand – appellierte er an den Schulterschluss aller öffentlichen Ebenen und dazu, die richtigen Prioritäten zu setzen, Mittel zielgerichtet zu verwenden und Aufgaben auch zu hinterfragen. Dem Kreistag wünschte er dafür den „richtigen Riecher und ein glückliches Händchen“.