Ob bei der Brandbekämpfung, im Rettungsdienst oder im Sport- und Kulturbetrieb von Vereinen – ohne Freiwillige, die engagiert mit anpacken, läuft im Alltag nichts. Wer sich aus freien Stücken für die Gemeinschaft engagiert und damit den Laden am Laufen hält, soll künftig mehr ernten, als anerkennendes Schulterklopfen. Der Landkreis will mit der Einführung einer Ehrenamtskarte, die zahlreiche Vergünstigungen in Form von Rabatten und ermäßigtem Eintritt bieten soll und landesweit gilt, ein Zeichen setzen. Das Ganze geht auf eine Initiative des Landes zurück, das auch die Kosten übernimmt. Bisher bieten mit dem Kreis Calw, dem Ostalbkreis und den Städten Ulm und Freiburg erst vier Modellkommunen die Karte an.
Für den Esslinger Landrat Marcel Musolf, der die Einführung bis zum Beginn des kommenden Jahres zur Chefsache erklärt hat, geht es dabei um mehr, als nur danke zu sagen. Angesichts eines schwindenden Interesses am freiwilligen Engagement müsse man Wege finden, um ehrenamtliche Arbeit zu erleichtern und bürokratische Hürden zu beseitigen. Das soll auch für die Umsetzung des Angebots gelten, für die Musolf ein „schlankes Setup“ verspricht. Es gelte nun, die Karte mit Leben, sprich attraktiven Angeboten zu füllen. Dabei hofft die Kreisverwaltung auf breite Unterstützung in den Kommunen. Der Kreis will mit gutem Beispiel vorangehen, etwa mit verbilligtem Eintritt ins Beurener Freilichtmuseum.
Für einen Übungsleiter im Sportverein ist das kaum zu schaffen.
FDP-Kreisrat Rainer Stephan zu den Voraussetzungen für den Bezug der neuen Ehrenamtskarte.
Viel Rückhalt, aber auch mahnende Worte gab es dafür aus den Reihen des Kreisparlaments. Über den Stellenwert ehrenamtlicher Arbeit sind sich alle Fraktionen einig. Der Verwaltungsaufwand müsse sich jedoch in Grenzen halten. „Wir wollen kein Ehrenamtsverwaltungsamt innerhalb des Landratsamts“, betonte der Berliner Abgeordnete und CDU-Kreisrat Markus Grübel. Seltene Einigkeit herrschte am linken und rechten Rand des politischen Spektrums: Stärkung des Ehrenamts dürfe nicht bedeuten, dass sich der Staat immer mehr aus seiner Verantwortung zurückziehe, betonten Markus Berthold (AfD) und Jürgen Roos (Linke) unisono. Für die FDP hingegen liegt die vom Land aufgelegte Latte für mögliche Bewerber zu hoch. Wer über einen Verein oder eine Institution seinen Antrag beim Landratsamt einreicht, muss nachweisen können, dass er in den zurückliegenden zwölf Monaten mindestens 200 Stunden ehrenamtlich im Einsatz war. „Für einen Übungsleiter im Sportverein ist das kaum zu schaffen“, stellte FDP-Sprecher Rainer Stephan fest. Die bisherigen Erfahrungen zeigen: Von den rund 5.000 Ehrenamtskarten, die seit Sommer 2023 in den vier Modellkommunen verteilt wurden, gingen mehr als die Hälfte an Feuerwehren und Rettungsdienste.

