Lenninger Tal
Der Lauter fehlt immer wieder Wasser

Natur Der Kanal ist voll, im natürlichen Bachbett dagegen dümpelt das Restwasser vor sich hin. Bürger monieren, dass unterhalb Gutenbergs zu viel Wasser für die Stromproduktion abgezweigt wird. Von Anke Kirsammer

Verwesungsgeruch steigt Hermann Wolfer immer wieder in die Nase, wenn er an der Weißen Lauter entlang geht. An den malerischen Sinterterrassen in Gutenberg rauscht das Wasser noch tosend über das Gestein. Rund 400 Meter unterhalb, wo sich kleinere Sinterstufen gebildet haben, herrscht dagegen Ebbe. „Normalerweise steht hier das Wasser einen halben Meter tief in den Gumpen, kürzlich waren es nur noch zehn Zentimeter“, sagt der Gutenberger verärgert. Ein Gumpen sei Anfang Mai sogar völlig trocken gewesen. Auch an einem etwas versteckt liegenden Absturz komme oft gar kein Wasser mehr an. „Mir liegt die Natur am Herzen“, betont Hermann Wolfer. Es geht ihm um Forellen und andere Bachbewohner. Anders als früher, gebe es zumindest in diesem Abschnitt der Lauter auch längst keine Wasseramseln mehr.

Nachdem die Papierfabrik Scheufelen die Wasserkraft verkauft hatte, haben mehrfach die Besitzverhältnisse gewechselt. Anfangs wurde nicht nur in neue Turbinen investiert, sondern auch Wert darauf gelegt, dass die Gewässerränder sauber und frei von Gehölz sind und die Schieber bei Hochwasser geöffnet werden. Inzwischen gibt es vier Betreiber der Lenninger Wasserkraftanlagen. Mehr und mehr gehe es dabei um Profit. Da sind sich die Befragten einig – Lenninger, die alle in irgendeiner Form seit Jahren oder gar Jahrzehnten mit der Lauter zu tun haben oder hatten. Namentlich wollen sie nicht in der Zeitung erscheinen. Doch monieren sie, dass manche Fischtreppen „total zu“ sind und genug Wasser da ist – „eben nur an den falschen Stellen“.

Die „Falle“ ist zu

Warum im natürlichen Bachbett unterhalb Gutenbergs oft – so auch an diesem Tag – wenig Wasser fließt, erklärt sich Hermann Wolfer mit einer geschlossenen „Falle“ am Wehr unweit der alten Kläranlage. „Sie war früher offen“, weiß er. Einzig in Richtung der schmalen Fischtreppe bahnt sich etwas Wasser seinen Weg. Der Gutenberger taucht einen Meterstab in die Rinne. Lediglich zehn Liter pro Sekunde plätschern seinen Berechnungen zufolge hier in die Lauter. Wenige Tage vorher sei es sogar nur ein Liter gewesen. Ein Großteil des Wassers, das an dem Wehr ankommt, wird dagegen in den Kanal abgeleitet, der hier abzweigt und über den Elefantentrog bei Schlattstall Richtung Turbinenhäuschen läuft – im Volksmund „T 13“ genannt. Die Falle an dem Gutenberger Wehr Richtung Kanal sei in der Woche davor sieben Zentimeter weiter offen gewesen. Messbar ist das an dem Gestänge, an dem der breite Holzschieber befestigt ist.

Dass auch an anderen Stellen wenig Wasser in der Lauter ankommt, bestätigt ein Bewohner aus der Gemeinde, der jede Woche am Fischwasser entlang geht und regelmäßig bei der Wasserrechtsbehörde meldet, wenn der Stand zu niedrig ist. „Die Hauptfallen sollten gut einen bis anderthalb Zentimeter offen sein, damit würde unabhängig von Regenfällen oder der Schneeschmelze genug Wasser in der Lauter ankommen“, sagt er.

Wohl auch durch zahlreiche Beschwerden, die im Landratsamt eingehen, weiß man im Amt für Wasserwirtschaft und Bodenschutz um die Vorwürfe. Das wenige Wasser in der Lauter lasse sich nicht auf die Nutzung der Wasserkraft zurückführen, heißt es indes vonseiten der Behörde. Vielmehr führe die Lauter momentan im Oberlauf generell wenig Wasser. Der Karst und die Sinterterrassen bewirkten außerdem, dass Wasser an verschiedenen Stellen versickere und erst bachabwärts wieder zutage trete. „Das fällt umso mehr auf, je weniger Wasser die Lauter führt“, so lautet die Erklärung des Landratsamts. Beispiel für dieses typische Phänomen auf der Schwäbischen Alb sei die Donauversickerung.

Vorgeschrieben sind 85 Liter pro Sekunde

Gemäß der Behörde sind die Betreiber der Wasserkraftanlagen verpflichtet, ein „Mindestwasser“ in die Lauter abzugeben. Das Minimum an dem Gutenberger Wehr liege bei 85 Litern pro Sekunde. Festgeschrieben ist diese Menge bereits seit August 2005. Das werde durch das Amt für Wasserwirtschaft und Bodenschutz kontrolliert. Die Menge sei aktuell in Ordnung. Das Wasserwirtschaftsamt weist außerdem darauf hin, dass es die Wasserführung der Lauter nicht beeinflussen könne. Eine Mindesthöhe für ein Gewässer lasse sich gesetzlich nicht festlegen. „Wir unternehmen Vor-Ort-Kontrollen des Gewässers und der Wasserkraftanlagen“, versichert das Landratsamt . „Bei Missständen geht das Amt auf die Betreiber der Wasserkraftanlagen zu.“ Sie hätten selbstständig dafür zu sorgen, dass die Mindestwasserabgabe etwa durch eine korrekte Schieberstellung eingehalten wird. Von dem für das Gutenberger Wehr Verantwortlichen, der rund anderthalb Autostunden entfernt wohnt, war leider keine Stellungnahme zu bekommen.