Mit knapp 2000 Personen gibt es einen neuen Rekord in Sachen Neueinbürgerungen im Landkreis Esslingen. „Das ist eine Steigerung von fast 50 Prozent im Vergleich zum Vorjahr“, sagte Landrat Marcel Musolf bei der offiziellen Einbürgerungsfeier des Landkreises in der Gemeindehalle Altbach vor 400 Gästen.
Dieses Gefühl der gesellschaftlichen Akzeptanz hat mich letztlich zur Einbürgerung motiviert.
Felix Ewane, neu Eingebürgerter
Die neu Eingebürgerten kommen aus 95 Ländern, verteilt über den ganzen Globus. „Das steht für eine große Vielfalt und symbolisiert die Weltoffenheit unseres Landkreises“, sagte Musolf. Er erinnerte aber auch daran, dass diese Menschen ihre neue Staatsangehörigkeit in bewegten Zeiten erworben hätten: „Deutschland steht vor großen Herausforderungen.“ Die Auswirkungen beträfen die ganze Gesellschaft – ganz konkret nannte der Landrat die Tatsache, dass der gesellschaftliche Zusammenhalt keine Selbstverständlichkeit mehr sei, sowie den eklatanten Fachkräftemangel. „Diese Auswirkungen werden uns alle betreffen“, sagte Musolf. Das Land brauche für die Bewältigung dieser Probleme Menschen mit jenen Fähigkeiten, die man auch auf dem Weg zur Einbürgerung benötige: Mut, Engagement und den Wunsch, Teil von etwas Größerem zu sein. „Ergreifen Sie die Chance und bringen Sie sich ein. Unsere Demokratie lebt von Vielfalt“, appellierte der Landrat an die Gäste: „Denn die anstehenden Herausforderungen können wir nur gemeinsam bewältigen.“
Der Weg zur deutschen Staatsbürgerschaft
Stellvertretend für die neu Eingebürgerten gab Felix Ewane Einblicke in seinen teils beschwerlichen Weg zur deutschen Staatsbürgerschaft. Für den 31-jährigen gebürtigen Kameruner ist der Pass mehr als ein Stück Papier: „Für mich bedeutet das die Eröffnung eines ganz neuen Kapitels im Leben und neue Perspektiven.“ Als eines von sechs Kindern einer alleinerziehenden Mutter ergriff Ewane früh die Initiative, in seinem Leben weiterzukommen. Nach der Schule absolvierte er in Yaoundé, der Hauptstadt von Kamerun, ein zahnmedizinisches Studium, das er im Oktober 2019 erfolgreich abschloss. Warum er nach Deutschland kam? „Es war die Liebe“, erklärt Ewane. Nach langen Jahren der Fernbeziehung wollten er und seine damalige Verlobte und heutige Ehefrau, die in Stuttgart studiert hat, Nägel mit Köpfen machen.
Doch als er nach langem Hin und Her endlich sein Visum in der Hand hatte und in Deutschland ankam, wartete zunächst ein Schock auf ihn: „Alles war in Deutschland neu für mich – das Essen, das Wetter, die öffentlichen Verkehrsmittel, die Kommunikation, die Blicke der anderen.“ Ewane gibt offen zu, dass er zunächst an seiner Entscheidung zweifelte und frustriert war. Doch erneut biss er sich durch – nach einem weiteren Sprachkurs stürzte er sich in das Anerkennungsverfahren seines Zahnarztdiploms, um in Deutschland arbeiten zu dürfen. Mit Erfolg: Im Juli 2022 erwarb Ewane eine befristete Berufserlaubnis als Vorbereitungsassistent für zwei Jahre.
Die Ankunft war nicht leicht
„Ich bin sehr dankbar, dass ich in dieser Zeit mit hoch qualifizierten deutschen Zahnärzten arbeiten durfte“, sagt er rückblickend. Gleichzeitig entdeckte er seine Leidenschaft für die medizinische Forschung und die Epidemiologie. Derzeit ist Ewane an der Universität in Genf für den Master in Epidemiologie eingeschrieben und plant im kommenden Jahr seine Promotion an einer deutschen Universität im Bereich Gesundheitswissenschaften/Klinische Epidemiologie. Doch der Weg war hart: „Ich habe Entmutigung, Depression und großen Stress erlebt.“ Dennoch würde er sich heute wieder so entscheiden. „Die deutsche Kultur, ihre Disziplin und ihre Verlässlichkeit entsprechen meinen eigenen Maßstäben“, sagte Ewane.
In Deutschland habe er die Werte entdeckt, die er auch an seine eigenen Kinder weitergeben möchte: „Dieses Gefühl der gesellschaftlichen Akzeptanz hat mich letztlich zur Einbürgerung motiviert.“ Auch der Rechtsruck habe ihn nicht davon abgehalten: „Ich habe das natürlich verfolgt, hatte aber nie persönliche Berührungspunkte.“ Alltagsrassismus oder Diskriminierung habe er nie erlebt.
Neubürgerinnen und Neubürger im Landkreis Esslingen
Im Zeitraum von August 2024 bis Juli 2025 wurden im Landkreis 1939 Personen eingebürgert. Im Vergleichszeitraum im Vorjahr waren es rund 1200 Personen.
Die größte Gruppe stellen Menschen aus der Türkei dar, gefolgt von Syrien (253). Eingebürgert wurden auch Menschen aus Angola, Chile, Nepal, Sambia und Venezuela.
Um die deutsche Staatsangehörigkeit zu erwerben, müssen Identität und Staatsangehörigkeit des Bewerbers geklärt sein. Zudem muss ein unbefristetes Aufenthaltsrecht oder eine Aufenthaltserlaubnis vorliegen, ebenso ist ein Aufenthalt in Deutschland von fünf Jahren erforderlich. Antragsteller müssen ihren eigenen Lebensunterhalt bestreiten. Zudem darf keine Verurteilung vorliegen.
Insgesamt 3900 Anträge auf Einbürgerung wurden 2024 abgelehnt.

