Kirchheim. Es ist nicht das erste Problem der Alternative für Deutschland (AfD). Auch keines, das sich von anderen wesentlich unterscheidet. Nachdem die Bundeschefin Frauke Petry die Flüchtlingsdebatte vor Wochen mit der Feststellung befeuert hatte, man müsse die Außengrenzen notfalls auch mithilfe von Schusswaffen sichern, lud ihr Parteisoldat Lenhardt vergangene Woche in einem Zeitungsinterview nach. Einem Flüchtling sei es egal, ob er an der griechischen oder deutschen Grenze durch Schüsse sterbe, meinte der Stabsunteroffizier der Reserve. Und: „Wozu ist eine Waffe da, wenn nicht zum Schießen.“
Die Bundeswehr als Lenhardts Dienstherr hat schnell reagiert und den 59-Jährigen noch am Dienstag dieser Woche von der Landeserstaufnahmestelle (LEA) in Heidelberg abgezogen. Dort war Günter Lenhardt in der Röntgenabteilung mit für die Registrierung von Flüchtlingen zuständig. Inzwischen ist der Mann aus Filderstadt-Harthausen in den Innendienst versetzt worden. Das Verfahren zu dienstrechtlichen Konsequenzen läuft.
In der AfD tut man sich mit konsequenten Schritten deutlich schwerer. Lenhardt als Kandidat einfach abzuservieren geht nicht, denn er ist offiziell nominiert. Ein Parteiausschlussverfahren wäre langwierig und mit hohen Hürden versehen. Ein freiwilliger Rückzug kommt für den Bewerber, der neu ist im politischen Geschäft, solange nicht in Frage, bis sich der Parteivorstand klar zu seinen Vorwürfen geäußert habe. „Ich habe für mich noch keine Entscheidung getroffen“, sagte Günter Lenhardt gestern am Telefon. „Was meine weitere politische Zukunft angeht, verweise ich auf den Landesvorstand.“
Zumindest einer hat sich in der Sache bisher klar geäußert: AfD-Landeschef und Spitzenkandidat Jörg Meuthen hat am Rande einer Diskussionsrunde, an der auch Ministerpräsident Winfried Kretschmann am Mittwochabend in Stuttgart teilnahm, Lenhardt aufgefordert, alle politischen Ämter abzugeben. Auch Vorstandsmitglied Bernd Grimmer distanzierte sich gestern deutlich: „Unser Wunschkandidat ist Herr Lenhardt nicht mehr.“ Entweder das Problem sei in zwei Wochen erledigt, oder er werde gewählt. „Dann müssen wir neu entscheiden, ob wir wollen, dass Herr Lenhardt für unsere Partei ins Parlament einzieht,“ sagt Grimmer. Der Landesvorstand der AfD trifft sich das nächste Mal am Wochenende. Dann soll über das Thema intensiver beraten werden.
Für parteiinterne Aufregung hatte gesorgt, dass Lenhardt sich zunächst nicht von seinen Äußerungen distanzierte. Er stehe zu dem, was er gesagt habe. „Das Problem haben andere“, gab der 59-Jährige noch am Dienstag bekannt. Stattdessen vertrat Lenhardt die Meinung, die mediale Aufmerksamkeit könne im Wahlkampf gar nützlich sein. Inzwischen hat sich der gesamte AfD-Kreisverband Esslingen, dessen Sprecher Günter Lenhardt noch immer ist, vom Gesagten verabschiedet. „Die Worte waren missverständlich gewählt. Ich bitte um Entschuldigung, wenn sich dadurch jemand angegriffen fühlen sollte“, so der Wortlaut einer schriftlichen Erklärung vom Mittwoch. Am Telefon klang das gestern weniger deutlich. Dort sprach Lenhardt von einem „handwerklichen Fehler“, der einem Polit-Anfänger schon mal unterlaufen könne.
An seinem Fahrplan im Wahlkampf will Lenhardt weiter festhalten. Kommenden Donnerstag wird er ab 19 Uhr im Gasthaus „Teckblick“ in Dettingen einen Informationsabend abhalten. Ein wesentlicher Punkt wird die Flüchtlingspolitik sein.