Kirchheim/Stuttgart. Im Juni vergangenen Jahres hatte das Stuttgarter Landgericht einen 22- und einen 28-jährigen Männer aus Plochingen sowie eine 26-jährige Frau aus Kirchheim wegen gefährlicher Körperverletzung und Nötigung zu Freiheitsstrafen zwischen 14 und 17 Monaten verurteilt. Der für gestern terminierte Revisionsprozess platzte jedoch, weil der Richter krank geworden war.
Dem Trio war nachgewiesen worden, dass es in der Nacht zum 11. April 2021 in Plochingen den Ex-Freund der 26-Jährigen überfallen, um 2000 Euro nebst seinem Handy beraubt und ihn obendrein krankenhausreif geschlagen hatte.
Der 22-Jährige war nach Auffassung des Bundesgerichtshofs zu einer offensichtlich falschen Freiheitsstrafe abgeurteilt worden. Damals hatten die Stuttgarter Richter den eigentlichen Vorwurf einer gemeinschaftlichen schweren räuberischen Erpressung fallen gelassen und nur noch wegen der Körperverletzung einen Schuldspruch begründet. Bezüglich der Kirchheimerin war dieser Tatbestand nach BGH-Meinung in Ordnung, auch für den zweiten, 28-jährigen Angeklagten. Gegen den 22-Jährigen sollte nun gestern neu verhandelt werden.
Doch Anklagebank, Richtertisch und Pult des Staatsanwalts blieben gähnend leer. Wieder einmal hat eine Krankheit einen Strafprozess am Stuttgarter Landgericht ausgebremst. Die schlichte Nachricht der Pressestelle: „Der Verhandlungstermin wurde aufgehoben . . .“
Brutaler Sachverhalt sollte ganz neu durchleuchtet werden
Dabei sollte die vierte Strafkammer den brutalen Sachverhalt ganz neu durchleuchten, beispielsweise ob der 22-Jährige als Mitglied des sogenannten Räubertrios in der Nacht zum 11. April 2021 mit in die Plochinger Wohnung des ehemaligen Freundes der Kirchheimerin ging und auch aktiv mithalf, den dort wohnhaften Mann niederzuschlagen, mit einem Baseballschläger zu bedrohen und ihn letztlich gewaltsam dazu zu bringen, dass er sein Handy aushändigte, auf dem sich private Fotos befanden. Diese nämlich wollte die Ex-Freundin zurückhaben.
Sind die gegen ihn damals verhängten 16 Monate Haft wegen gefährlicher Körperverletzung und Nötigung zu Recht ergangen? Die Revisionsrichter des BGH sagen im Aufhebungsbeschluss „Nein“. Auch die Entscheidung der Richter, dem Mann als Bewährungsauflage gemeinnützige Arbeitsstunden aufzuerlegen, muss neu definiert werden.
Im ersten Prozess hatte die mitangeklagte und mitverurteilte Kirchheimerin zuerst von der Polizei gesucht werden müssen, da sie ihrer Ladung zum Prozess nicht gefolgt war. Sie blieb bis zur Urteilsverkündung in Haft. Das Landgericht hat nun den für gestern terminierten Revisionsfall „von Amtswegen“ auf einen späteren Zeitpunkt vertagt. Bernd Winckler