Am spannendsten wurde es beim Festabend des Schützenvereins Neidlingen kurz vor dem offiziellen Ende, vor Lindachquartett und Barbetrieb: Der Neidlinger Bürgermeister, Ex-Polizeihauptkommissar und Jäger Jürgen Ebler trat gegen den Neidlinger Weltmeisterschützen Max Braun an. Geschossen wurde rein elektronisch, ohne Kugeln. Nach jeweils fünf Schuss stand die Sensation fest: Exakter Gleichstand mit 45 Punkten! Max Braun siegte erst nach einem Zusatzschuss.
Ebler hatte sich schon früher am Abend als „Schütze“ betätigt. Immer dann, wenn der Moderator Bernhard Bitterwolf beim Leberkäs-Loblied das rechte Bein mit dem Schellenkranz hob, sollte Jürgen Ebler mit der Luftpumpe schießen. Für die Munition aus Kronkorken sorgte die CDU-Landtagsabgeordnete Natalie Pfau-Weller. Der Moderator wollte den Vorgang politisch verstanden wissen: Die Länder müssten den Kommunen die nötigen Ressourcen zur Verfügung stellen.
Zu wenig Nachwuchs
In seinem Grußwort erinnerte Ebler an die Ursprünge des Neidlinger Schützenvereins: Der älteste noch aktive Verein des Orts wurde im Jahr 1873 von Veteranen des deutsch-französischen Kriegs der Jahre 1870 und 1871 gegründet. Vorläufer waren damals die Bürgerwehren. Heute stehe der Sportgedanke im Vordergrund. Weil aber der Nachwuchs fehle, sei der Fortbestand des Vereins gefährdet. Ebler hatte dem Schützenverein zum 150. Geburtstag einen 1000-Euro-Scheck der Gemeinde mitgebracht.
Dietmar Brendel ging als Sprecher der Neidlinger Vereine ebenfalls auf die Geschichte ein. Schon um das Jahr 1650 sei in Neidlingen mit der Muskete geschossen worden. Für die Bewaffnung war der Vogt Pistorius zuständig. Geschossen wurde nur an Sonn- und Feiertagen nach der Predigt in der Kirche.
Tom Schenk, Vizepräsident des Württembergischen Schützenverbands, gratulierte zu „150 Jahren gepflegter Geselligkeit im Kreise Gleichgesinnter“ und zur „gemeinsamen Freude über sportliche Erfolge“. Die Schützenvereine seien auch ein Spiegel der jeweiligen Zeit: Ging es früher um den Schutz der Bevölkerung, gehe es heute um Sport, Geselligkeit und Brauchtumspflege. Die Bezirksoberschützenmeisterin des Bezirks Neckar, Alexandra Fleck, erinnerte daran, wie schnell der Neidlinger Verein 1959 und 1960 sein Schützenhaus erstellt hatte.
Eine Premiere – und wohl Einzelfall – war der Auftritt des „Original Neidlinger Schellensextetts“. Bernhard Bitterwolf dirigierte „Ein schöner Tag", die Zuhörer sollten den gespielten Titel erraten. Die Mehrzahl tippte auf das englische Original „Amazing Grace“ und lag damit sehr nahe dran.
Noch mehr Musik mit Sackpfeife, Flöte, Akkordeon und Gitarre gab es vom Schwäbischen Albverein, sogar inklusive Volkstanzgruppe. Auf den „Wolgaster“ folgte der „Schwedentanz“ – der aber nur so heißt.
Für seinen langen Vorsitz im Verein und seinen Einsatz wurde Wolfgang Loser zum Ehrenoberschützenmeister ernannt. Auch Herbert Moll und Hermann Hepperle wurden geehrt – sie waren bereits bei der Wiedergründung des Vereins nach dem Zweiten Weltkrieg dabei. Ein vielseitiger „Biathlon“-Wettbewerb mit drei Mannschaften gehört ebenfalls zum Programm.
Quiz deckt Kuriositäten auf
Für ihr Jubiläumsquiz hatte die Neidlinger Feuerwehr viele Jahrzehnte des Neidlinger Mitteilungsblatts nach außergewöhnlichen Ereignissen durchsucht. Was war einst in der Reußensteinhalle geplant, eine Kegelbahn, eine Tennishalle oder ein Lehrschwimmbecken? Die Kegelbahn ist richtig. Welche Drohung sprach ein Neidlinger Verein im Blättle aus? Der Motorsportclub schrieb, wenn der Dieb, der beim Diebstahl der Fahne beobachtet worden sei, diese nicht zurückbringe, komme er „nicht nur mit einem blauen Auge“ davon. Was wurde versehentlich, ebenfalls im Jahr 1984, im Blättle angekündigt? Es war nicht der Verkauf der Rathausuhr, es war auch keine Hochzeit, die es gar nicht gab, es war eine Altreifensammlung. Die Gemeindeverwaltung wollte darauf hinweisen, dass bei der Schrottsammlung keine Altreifen angenommen werden, und vergaß das „keine“. In der Folge bot der damalige Bürgermeister Ulrich Rieker tatsächlich eine – einmalige – Reifensammlung an.