Schäfer Jörg Schmid kann aufatmen. Wenn alles glatt läuft, kann er seine Mutterschafe und Lämmer im kommenden Winter zum ersten Mal ohne Bedenken im kommunalen Schafstall in Weilheim unterstellen. Noch dieses Jahr sollen Teile des Stalls saniert werden, um die Probleme mit Schwitzwasser und Zugluft auszumerzen. Sie halten den Schäfer, Stadt und Gericht nun seit Jahren auf Trab.
„Die Odyssee hat 2014 begonnen“, blickt Weilheims Bürgermeister Johannes Züfle zurück. Damals war der Stall eingeweiht worden - „ein Quantensprung für die Landschaftspflege“, so Züfle. Er sollte Winterquartier für einen Wanderschäfer bieten, der mit seinen vierbeinigen Rasenmähern die rund 100 Hektar Naturschutzflächen auf der Gemarkung pflegt. Das böse Erwachen kam im Winter 2017/2018. Damals wurde Schäfer Jörg Schmid aus Owen neuer Pächter. Im Gegensatz zu seinem Vorgänger stellte er im Winter tatsächlich Mutterschafe zum Ablammen im Stall unter. Kaum waren die Tiere eingezogen, begann das Tauwasser förmlich vom Dach zu „regnen“. Das Stroh schimmelte, die Schafe wurden krank. Jörg Schmid konnte den Stall nicht mehr wie geplant nutzen.
Firma soll für Sanierungskosten aufkommen
Es folgten Gutachten, Auseinandersetzungen mit dem Unternehmen, das den Stall gebaut hatte, und ein jahrelanger Rechtsstreit. De facto ist der zwar immer noch nicht beendet. Das gerichtliche Gutachten kommt aber zu einem wichtigen Ergebnis: „Laut der Sachverständigen ist der Stall wegen des regenartigen Abtropfens von Tauwasser an der Unterseite des ungedämmten Dachs nur eingeschränkt nutzbar“, fasst Johannes Züfle zusammen. „Aus Sicht der Kommune und unseres Anwalts ist damit die Mangelhaftigkeit des Stalls belegt.“ Sprich: Die Hallenbaufirma soll für die Sanierungskosten aufkommen.
Doch ganz so einfach gestaltete sich der Plan, den Stall sanieren zu lassen, nicht. Zum einen lieferte das Gutachten keine Vorschläge für eine garantierte Lösung des Problems. „Dann kam das Problem dazu, dass keine Firma mit uns einen Planungsvertrag für die Sanierung abschließen wollte“, berichtet der Bürgermeister. Fündig wurde die Stadt schließlich in Österreich bei den Stallplanern des Unternehmens Minichshofer. Sie haben einen Vier-Punkte-Plan ausgearbeitet, mit dem die Probleme ausgemerzt werden sollen.
„Von außen gesehen ist das ein wirklich schöner Stall in idealer Lage“, schwärmt Geschäftsführer Matthias Kramer. „Auch die Arbeitsabläufe sind gut ge- plant.“ Die Haken haben sich dann auf den zweiten Blick offenbart. „Das größte Problem ist die fehlende Dachdämmung“, sagt er - eine Erkenntnis, die ein erstes, von der Stadt in Auftrag gegebenes Gutachten auch schon zutage gebracht hatte. Die Stallbaufirma jedoch hatte sich geweigert, dies als Mangel anzuerkennen.
Statik ist fast voll ausgenutzt
Für Matthias Kramer und seine Kollegen folgte die nächste Schwierigkeit auf den Fuß: „Das Blechdach ist gleichzeitig die Tragkonstruktion - und die Statik ist fast voll ausgenutzt.“ Das heißt: Das Dach wäre gar nicht in der Lage, das Gewicht einer konventionellen Dämmung zu tragen. Darum setzt Matthias Kramer nun auf eine leichte PU-Schaumdämmung. „Sie wird auf das Blechdach aufgesprüht und geht eine innige Verbindung mit dem Metall ein“, erläutert der Ingenieur. Für eine bessere Belüftung sollen an den Längsseiten des Stalls größere Öffnungen mit Hubfenstern sorgen. „Sie sind mit Fühlern ausgestattet und öffnen und schließen sich automatisch“, so Kramer. Auch für den First sind gesteuerte Fenster geplant. Vierte Maßnahme ist der Einbau von sogenannten „Kleinklimazonen“. Gemeint sind damit absenkbare Dächer, unter denen Lämmer und Mutterschafe, aber auch kranke Tiere Schutz vor Zugluft und Kälte finden. „Grundsätzlich ist für Schafe Kälte kein Problem. Aber die Kombination aus Zugluft und Tauwasser ist eine Katastrophe für deren Atemwege“, weiß Matthias Kramer, der auf dem Bauernhof aufgewachsen ist.
Im Weilheimer Gemeinderat konnte sich nicht jeder mit der Lösung anfreunden. Bedenken gab es etwa, ob die Maßnahmen wirklich alle Probleme aus der Welt schaffen. „Aber welche Alternativen haben wir denn?“, fragte Bürger- meister Johannes Züfle - zumal nun der vierte Winter seit der Entdeckung der Mängel bevorsteht. „Uns ist es wichtig, dass der Stall schon 2020 wieder nutzbar ist“, so Züfle. Bei zwei Gegenstimmen und drei Enthaltungen hat der Gemeinderat für das Sanierungspaket gestimmt. Das Dach soll noch vor dem Herbst gedämmt werden, der Rest folgt später. Die Kosten belaufen sich auf rund 250 000 Euro für die Sanierung und 70 000 Euro für die Planung.