Wenn eine Rettungszufahrt in Wendlingen zugeparkt ist, erfährt das Ordnungsamt innerhalb von Sekunden per SMS, dass die Feuerwehr im Ernstfall nicht auf das Gelände käme. Das ist eine der Ideen hinter den Leuchtturmprojekten der „EnBW“ und der „NetzeBW“ in Wendlingen und Magstadt. Gemeinsam mit der Firma „Brunata-Minol-Zenner“ testen die Fachleute noch bis Ende 2019, wie sich mittels Sensoren die Abläufe in der Stadt steuern lassen.
Als „vernetzte Kommune“ nutzt Wendlingen nun die Chancen des digitalen Wandels. „Es ärgert mich, wenn Rettungszufahrten zu den Schulen zugeparkt sind“, sagte Bürgermeister Steffen Weigel bei der Präsentation des Projekts, das bereits seit August läuft. Das gefährde im Ernstfall Menschen, fügt Manuel Maier vom Ordnungsamt der Gemeinde hinzu. Über sein Smartphone sieht er jetzt sofort, wenn Falschparker die Zufahrt versperren, und kann eingreifen.
In den ersten Monaten habe man mit dem System gute Erfahrungen gemacht, zieht der Verwaltungschef schon eine positive Bilanz. „Es ist spannend, als erste Kommune mit dabei zu sein.“ Dass die Testphase kostenlos ist, freut den Verwaltungschef. Nur die Personalkosten tragen die Kommunen. „Wir wollen damit keine Stellen einsparen, sondern Abläufe straffen“, stellte er klar. Henry Awodumila, der das Projekt leitet, schult mit seinem Team städtische Mitarbeiter in Workshops, damit sie lernen, mit der Technik umzugehen. Der Fachmann sieht etliche Möglichkeiten, mit dieser Technik die Arbeit der städtischen Einrichtungen zu erleichtern.
An der Feuerwehrzufahrt der Gartenschule etwa ist einer der Sensoren angebracht, die erkennen, wenn ein Auto falsch parkt. An eine vorbestimmte Adresse gelangen dann die Signale über das sogenannte „LoRaWAN-Netz“ zu den Mitarbeitern, die kritische Stellen sofort räumen können. Das spart Kontrollfahrten. „Diese Funknetzwerke sind dank ihrer großen Reichweite und ihres niedrigen Energieverbrauchs optimal geeignet“, nennt Stefan Kolodzeike, der technische Projektleiter bei Zenner, einen entscheidenden Vorteil. Eine zwölfköpfige Expertengruppe aus beiden Unternehmen tüftelt derzeit an Innovationen, die sich in den Kommunen realisieren lassen. Wendlingen möchte mit Lichtschranken die Frequenz in öffentlichen Gebäuden messen lassen. „Wenn wir diese Daten haben, können wir die Öffnungszeiten im Sinne der Bürger optimieren“, sagt Weigel. Sensoren an Türen und Fenstern - zum Beispiel in den Schulen - könnten Auskunft geben, ob alle sicher verschlossen sind. „So vermeiden wir unnötig Energieverschwendung.“ Wenn ein Mülleimer im öffentlichen Raum voll ist, bekommt der Bauhof über die Sensoren künftig ebenfalls eine Rückmeldung. So entlaste man die Mitarbeiter, die dann nicht mehr vorbeischauen und die Abfallbehälter kontrollieren müssen.
Auch für die Straßenbeleuchtung bietet die „smarte Stadt“ Chancen. Da denkt Weigel an den Fuß- und Radweg an der Kappellenstraße, der im Tagesverlauf nicht regelmäßig frequentiert wird. „Wenn ein Radler oder Fußgänger vorbeikommt, reagieren die Sensoren und das Licht geht an.“ Henry Awodumila und sein Team setzen auf solche Anstöße aus den Kommunen, um die digitale Infrastruktur weiter zu optimieren.
Anfangs habe es auch im Wendlinger Gemeinderat Skepsis gegeben, erinnert Bürgermeister Weigel. Die Sorgen bezogen sich vor allem auf Themen wie Datenschutz, Sicherheit und Gesundheit. Über diese drei Punkte habe man sich vorab umfassend informiert, sagte Weigel. „Die Belastung ist für die Bürger unbedenklich“, versicherte Kolodzeike. Auch die Gefahr, dass der Datenschutz ausgehebelt werden könnte, sieht der Experte nicht.