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Der Weg zur Bank wird immer länger

Umstrukturierung Corona hat den Trend zum Online-Banking befeuert. Ihre Strategie verändert haben die Institute aber schon vorher. Filialschließungen hinterlassen kleinere Orte nun ganz ohne Bank. Von Bianca Lütz-Holoch

Auf der Bank eine Überweisung abgeben oder gar einen Scheck einlösen - das macht kaum noch jemand. Immer mehr Menschen nutzen für ihre Bankgeschäfte Internet und Telefon - ein Trend, den die Corona-Krise noch verstärkt hat. Ganz unabhängig von der Pandemie passen die Kreditinstitute in der Region ihre Angebote schon seit Jahren an das veränderte Kundenverhalten an. Zuletzt hat die VR-Bank Hohenneuffen-Teck bekannt gegeben, dass sie weitere Geschäftsstellen schließt. Eine Folge: In Neidlingen, Nabern, Gutenberg und Schopfloch gibt es künftig gar keine Bankfilialen mit Personal mehr.

Lenningens Bürgermeister Michael Schlecht bedauert, dass auch noch die letzten Banken in den beiden Lenninger Teilgemeinden schließen. Ende des Jahres werden sie in SB-Stellen umgewandelt. „Der Verlust der Filialen reißt eine weitere Lücke in die Angebotsstruktur von Gutenberg und Schopfloch“, sagt er. „Das bedeutet eine Reduzierung des Dienstleistungsangebots und weite Wege zur nächsten personenbesetzten Bankfiliale.“

Kontakt telefonisch oder digital

„Die Bankenwelt verändert sich mit rasender Geschwindigkeit“, geht Bruno Foldenauer, Vorstandssprecher der VR-Bank Hohenneuffen-Teck auf die Hintergründe der Filialschließungen ein. „Es werden immer seltener Serviceleistungen in den Geschäftsstellen nachgefragt“, erläutert er. „Mindestens 60 Prozent unserer 35 000 Kunden verwalten ihr Konto online.“ Diesen Trend hat Corona noch befeuert. Gleichzeitig steige der Bedarf an persönlicher Beratung. „Allerdings spielt sich der Kundenkontakt immer häufiger telefonisch oder digital ab“, so Bruno Foldenauer. Die VR-Bank Hohenneuffen-Teck habe deshalb beschlossen, wenig frequentierte Zweigstellen zu schließen und den Service dort zu konzentrieren, wo er am meisten gefragt ist - in der Regel in den größeren Orten. „Dort weiten wir das Beratungsangebot aus“, erläutert Foldenauer die Strategie. Es gibt dann mehr Kapazitäten für Telefongespräche, längere Servicezeiten und das Angebot, Hausbesuche zu machen. Ihre Berater verlieren die Kunden nicht. Ein Beispiel: „Die Neidlinger finden ihre gewohnten Ansprechpartner künftig in Weilheim“, sagt der Vorstandssprecher.

Mit der Schließung der VR-Bank-Filiale hat auch Neidlingen ab 1. April keine mit Personal besetzte Bank mehr. „Die hiesige VR-Bank hält als Genossenschaftsbank einen hohen Anteil der örtlichen Bankkunden“, sagt Neidlingens Bürgermeister Klaus Däschler. „Daher ist der Wegfall der persönlichen Beratung vor Ort sehr bedauerlich.“

KSK-Filiale hat 2018 zugemacht

Bereits 2018 hatte die Kreissparkasse Esslingen-Nürtingen ihre Filiale in der Reußensteingemeinde in eine SB-Stelle umgewandelt. Die Gründe für die Ausdünnung des Filialnetzes sind die gleichen wie bei der VR-Bank. „Immer mehr Serviceleistungen werden digital abgewickelt“, sagt Ulrich Unger, Pressesprecher der Kreissparkasse Esslingen-Nürtingen (KSK). „Unsere Kunden besuchen im Durchschnitt nur noch einmal pro Jahr eine der 66 Filialen“, nennt er Zahlen. Im gleichen Zeitraum werden App und Homepage über 100 Mal genutzt.“ Über 70 Prozent der Kreissparkassen-Kunden verwalten ihr Girokonto online. „Die aktuellen Erhebungen bestätigen den kontinuierlichen und immer rascheren Zuwachs bei der Inanspruchnahme der digitalen Services“, betont Ulrich Unger und fügt hinzu: „Dazu hat auch die Corona-Pandemie beigetragen.“

Gleichzeitig - und auch da deckt sich die Erfahrung der beiden Banken - fragen die KSK-Kunden intensivere Beratung bei komplexen Geldgeschäften nach, etwa wenn eine Baufinanzierung ansteht. Deshalb wurde ein größeres Zeitfenster für Beratungen geschaffen. „Unsere Kunden können zwischen 8 und 20 Uhr einen Beratungstermin vereinbaren - persönlich in der Filiale oder digital“, so Unger.

Mitten in einem Wandel steckt auch die Volksbank. Am 17. Oktober wird aus der Volksbank Kirchheim-Nürtingen, der Volksbank Esslingen und der Berk­heimer Bank die Volksbank Mittlerer Neckar. Filialschließungen sind in absehbarer Zeit keine geplant, wie Markus Weber, Bereichsleiter Marketing der Volksbank Kirchheim-Nürtingen, versichert. „Sollte sich die Filialanzahl im Laufe der Zeit ändern, würde das nicht mit der Fusion zusammenhängen, sondern mit der generellen Entwicklung.“ Und die geht hin zum digitalen Banking - umso mehr mit Einsetzen der Corona-Pandemie. „Während des Lockdowns haben unsere Mitglieder und Kunden verstärkt unsere Online-Angebote genutzt“, so Weber.