Zwischen Neckar und Alb
Der Zauber des Glockenklangs

Musik Das Internationale Festival „Turm und Klang“ macht Lust auf eine Fortsetzung in drei Jahren.

Esslingen. Eine Stadt wie Esslingen ist stets auf der Suche nach dem, was man gerne ein „Alleinstellungsmerkmal“ nennt. Mit dem Glockenspiel des Alten Rathauses besitzt Esslingen etwas Außergewöhnliches. Und das will sie ins rechte Licht rücken. Jeden Tag werden die 29 Glocken fünf Mal zu festen Zeiten automatisch angeschlagen. Zudem schöpft der Glockenspieler Eckart ­Hirschmann regelmäßig live aus einem stattlichen Repertoire. Die ganze Vielfalt dieses Instruments brachte am Wochenende das Internationale Glockenspiel-Festival zum Klingen. Hochkarätige Musiker aus dem In- und Ausland, die man in Fachkreisen ­„Carillonneure“ nennt, zeigten zwei Tage lang, welche Möglichkeiten im Glockenspiel des Alten Rathauses stecken. Beim Publikum kam das ­Fes­tival unter dem Motto „Turm und Klang“ bestens an. Viele machten es sich bei strahlendem Sonnenschein auf den bereitgestellten Liegestühlen bequem, Passanten blieben stehen und ließen sich vom Wohlklang verzaubern. Kein Wunder, dass sich viele Zuhörer schon jetzt auf eine Neuauflage des Festivals freuen. An Oberbürgermeister Jürgen ­Zieger dürfte es nicht scheitern. Der hatte schon vor Wochen versprochen: „Das Glockenspiel ist eine außergewöhnliche Facette, die wir noch etwas nachhaltiger polieren wollen.“

Ekaterina Porizko, die künstlerische Leiterin des Festivals, hatte zusammen mit dem städtischen Kulturamt einige der besten euro­päischen Carillonneure eingeladen. Dass mit dem flämischen Musiker Jo Haazen einer der weltweit bedeutendsten Glocken­spieler kurzfristig absagen musste, tat keinen Abbruch. Die Noten seiner ­Bearbeitungen europäischer und asiatischer Volkslieder hatte er der Festival-Leiterin zur Verfügung gestellt, und Ekaterina ­Porizko übernahm die Rolle so überzeugend, als sei sie selbst die Erstbesetzung. Nicht minder reizvoll der zweite Festival-Tag: Zunächst nahm mit Sergej Gratchev ein Gewinner zahlreicher Glockenspiel-Wettbewerbe am Glockenspieltisch Platz, um klassische und kirchenmusikalische Kompositionen zu interpretieren. Den zweiten Part hatte die renommierte Glockenspiel-Pädagogin und -Interpretin Elena ­Sadina übernommen, die fürs Esslinger Festival ein Repertoire von Kompositionen aus vier Jahrhunderten zusammengestellt hatte.

Den Schlusspunkt setzte nochmals die Festival-Leiterin, die zum Finale ein besonderes Schmankerl servierte - der Esslinger Schau­spieler Gerhard Polacek rezitierte Texte von Oscar Wilde und Italo Calvino aus verschiedenen Fens­t­ern des Alten Rathauses, musikalisch begleitet von Ekaterina ­Porizko auf dem Glockenspiel. Alexander Maier