Wir befinden uns im Jahr 1615 nach Christus. Das ganze untere Lautertal ist württembergisch. Nein! Ein von unbeugsamen Reichsrittern regierter Weiler hört nicht auf, den Württembergern Widerstand zu leisten . . . Woran erinnert das? Richtig! An Asterix und Obelix. Im Comic lehnt sich das kleine gallische Dorf gegen die Römer auf. Diesem geschichtlich zwar nicht haltbaren aber als Einstieg genialen Vergleich war es zu verdanken, dass Professor Dr. Kurt Andermann sofort die Aufmerksamkeit der über 250 Zuhörer auf seiner Seite hatte.
Wendlingen hatte den Experten südwestdeutscher Landesgeschichte im 750. Jahr der urkundlichen Ersterwähnung Bodelshofens für einen Vortrag im Treffpunkt Stadtmitte gewinnen können. Der Urkunde aus dem Jahr 1268 liegt die Schlichtung eines Erbstreits zwischen Agnes von Rieth genannt von der Mühle und ihren Söhnen Ludwig und Ulrich, der Käuferin Kunigunde, Witwe des Ritters Konrad von Hausen, und der Klosterschwester Mia von Faurndau zugrunde. Gegenstand war ein adliger Herrschaftshof, Vorläufer des heutigen Hofguts.
Wenn woanders die Ortsherrschaft über Jahrhunderte die gleiche war, so sind in Bodelshofen Ortsherren gekommen und gegangen. Trotz oder vielleicht gerade wegen seiner bescheidenen Größe ist das ehemalige Reichsrittergut im Laufe seiner Geschichte durch viele Hände gegangen. Angefangen von den Herren von Wernau, den Schilling von Cannstatt, denen von Laimingen, von Mentzingen, von Palms, bis hin zu den von Massenbachs, die bis heute das Hofgut bewirtschaften.
Einmal war der Weiler sogar für wenige Monate im Eigentum von Herzog Johann Friedrich von Württemberg. Der hatte 1615 auf sein Vorkaufsrecht gepocht, das seinem Vorfahren Herzog Ulrich 1545 urkundlich zugesichert worden war. Der damalige Ritter Wolf Heinrich Schilling von Cannstatt wollte den Weiler aber an seinen Vetter Konrad von Wernau zu Unterboihingen verkaufen. Der Streit kam vor Gericht, und der Herzog bekam das Vorkaufsrecht, womit Bodelshofen 1616 württembergisch wurde. Aber nur für kurze Zeit. Weil der Herzog hoch verschuldet war, kam er nicht umhin, den Ort noch im selben Jahr wieder zum Verkauf anzubieten. Unter Ritter Christoph von Laimingen kehrte Bodelshofen wieder in die Reichsritterschaft des Kantons Kocher zurück. Damit war das Rittergut keiner Obrigkeit, keinem Landesfürsten unterworfen, auch nicht dem Herzog von Württemberg. Allein dem Kaiser in Wien zeigten sie sich verantwortlich.
Streit gab es in der wechselvollen Geschichte des Weilers mehrfach, worauf Professor Kurt Andermann in seinem kurzweiligen Vortrag einige Male einging. „Ein Glück für Historiker“, sagte der Archivdirektor i.R., denn ohne Streit, Streitbeilegungen oder Vorkehrungen zur Streitvermeidung wären keine schriftlichen Überlieferungen im Mittelalter entstanden. Erst Quellen wie Urkunden, Karten, Amtsbücher, Akten und Pläne ermöglichen Historikern, Geschichte zu erforschen.
Dabei hätte der Weiler um ein Haar ein Barockschloss mit einem weitläufigen Park erhalten. Die Pläne waren schon fertig. Doch dann ereilte den Bauherrn Franz Gottlieb von Palm 1749 der Tod und damit verschwanden die Pläne wieder in der Schublade.
Die Tragik der Geschichte wollte es, dass Bodelshofen zwar vom Schloss verschont blieb, wie Dr. Heiko Freiherr von Massenbach in seinem Vortrag durchblicken ließ, aber eben auch um ein Schloss ärmer war, denn bevor die ehrgeizigen Pläne des Adligen von Palm umgesetzt werden sollten, hatte dieser das bestehende Vorgängerschloss, ein Wasserschloss, schon abbrechen lassen. Ein fataler Fehler. Nur die Kieserschen Karten aus dem 17. Jahrhundert und einige wenige übrig gebliebene Mauerreste des Schlosses belegen seine Existenz bis heute.
Württembergisch wurde Bodelshofen erst, als Napoleon die Weltbühne betrat. Als 1806 der Kaiser in Wien abdankte, kam Bodelshofen unter die württembergische Krone und verlor damit seine Unabhängigkeit.
Erbliche Nachfolger der Freiherren von Palm sind die Freiherren von Massenbach, die mit einem Umweg über Mecklenburg hierher gelangten. Heiko Freiherr von Massenbach, profunder Kenner der Ortsgeschichte, referierte im zweiten Teil des Abends. Er beleuchtete die jüngere Vergangenheit des kleinsten Stadtteils von Wendlingen. Dabei sprach er auch „die Bereitschaft der Bürger zur Gestaltung ihres Ortes“ an, genauso wie die „historisch gewachsene, eigenständige Identität der Bodelshofer Bürger“. Bodelshofen sei nicht nur „dörfliche Heimat“, der kleine Weiler sei „das Wohnzimmer seiner Bürger und ein Ort der Rückkehr von oft weiten Wegen durch eine globalisierte Welt“. Die Bürger sollten auch künftig Aufgaben in enger Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung aufgreifen, wünschte sich von Massenbach. War Bodelshofen früher ein rein landwirtschaftlich geprägter Weiler, so ist er heute ein Wohnort mit wenigen landwirtschaftlichen Betrieben, einem kleinen Gewerbegebiet, einem Hofgut mit Pferdehaltung und einem Golfplatz. „Und dennoch ist Bodelshofen immer ein ländlicher Weiler geblieben, der seinen Charme über all die Jahrzehnte und Jahrhunderte erhalten hat“, fasste Bürgermeister Steffen Weigel zusammen.