Dettingen hat seit der Jahrtausendwende den CO2-Ausstoß der gemeindeeigenen Gebäude um 77 Prozent reduziert. Das ist eine stolze Bilanz, die hart erarbeitet wurde, wie Bürgermeister Rainer Haußmann betont: „Wir sind seit 23 Jahren konsequent unterwegs bei Energiesparen und Klimaschutz.“ Ein Teil davon sei das Sanierungskonzept, das bei sämtlichen Projekten greife. Zum Beispiel beim Altbau, der für die Unterbringung von Geflüchteten hergerichtet werden sollte und die Frage aufwarf: Einfach nur das Nötigste machen oder umfassend sanieren? Energie- und Klimaschutzmanager Michael Christ rechnete die Sache durch, auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten – mit dem Ergebnis, dass das Haus renoviert wurde und nun Effizienzhaus-55-Standard aufweist. Aktuell wird auch der Bauhof der Gemeinde, bisher eher ein Energie-Dinosaurier, fit für die Zukunft gemacht. Christ selbst ist ein weiterer Beleg dafür, dass Dettingen es ernst meint, denn ein eigener Energie- und Klimaschutzfachmann sei in einer Gemeinde dieser Größe nur selten zu finden, erklärt der Bürgermeister. Aber für ihn steht fest: „Wenn ich Klimaschutz-Fortschritte erreichen will, dann brauche ich das Know-how im Haus.“
Es sind viele verschiedene Maßnahmen, die in Summe zur Auszeichnung geführt haben. Diese braucht einigen Vorlauf, denn zunächst wird eine Ist-Analyse gemacht, dann Maßnahmen beschlossen und umgesetzt, um nach vier Jahren Bilanz zu ziehen. Einen „Leuchtturm“ hatte Dettingen schon vor dem Start: die Holzhackschnitzelanlage, die neben der Verbundschule, einem Kindergarten und der Sporthalle auch das Hallenbad mit Wärme versorgt. Darüber hinaus wird konsequent saniert. Ein Energiemanagement-System für die Liegenschaften der Gemeinde definiere genau, wer wofür verantwortlich ist, erklärt der Energiemanager. Er legt zudem jährlich einen Klimaschutzbericht vor und versucht, jenseits von Zahlen und Berichten, Menschen für den Klimaschutz zu begeistern: zum Beispiel mit dem Spiel „fighters for future“, eine CO2-Challenge, bei der Familie und Gruppen ebenso mitmachen und Preise erringen können wie Einzelpersonen. „Wir wollen zeigen, dass Klimaschutz nicht nur eine Herausforderung ist, sondern auch Spaß macht“, sagt Christ. Er hat das Spiel selbst entwickelt, ähnlich dem „Klima Buddy“ des Landes. Doch während letzterer mittlerweile wieder eingestellt wurde, geht die Challenge in Dettingen weiter.
Weitere Großprojekte geplant
Vor der Zertifizierung für den European Energy Award wurde die Gemeinde ordentlich in die Mangel genommen. Ein Auditor aus Berlin kam nach Dettingen, sichtete Unterlagen, „löcherte“ Mitarbeitende und überprüfte, wie weit die Umsetzung von Projekten schon gediehen ist. Anhand dessen vergab er 68,5 von 100 möglichen Punkten. Schon mit 50 Punkten wird die Auszeichnung verliehen, mit 75 ist der Goldstandard erreicht. Im Kreis Esslingen ist Dettingen einsame Spitze: die erste und bislang einzige EEA-zertifizierte Gemeinde. Drei weitere Kommunen – die Städte Filderstadt und Esslingen sowie der Landkreis selbst – haben sich zwar auf den Weg gemacht, sind aber noch in der Vorbereitungsphase.
Ausruhen kann sich die Gemeinde auf dem Award, der im Frühjahr von der Umweltministerin des Landes übergeben werden soll, nicht; alle drei bis vier Jahre muss sie weitere Fortschritte in Sachen Klimaschutz nachweisen. Aber sie hat auch noch einiges vor: anstehende Großprojekte sind ein Bürgersolarpark an der Autobahn, die Installation eines Nahwärmenetzes im Neubaugebiet Guckenrain-Ost und möglicherweise sogar im Bestand in der Ortsmitte – dafür müssen nun die Situation und der Bedarf gesichtet werden.
Gelingen kann die Energiewende nur, wenn auch die Privathaushalte und das Gewerbe mitmachen. Umso wichtiger findet Bürgermeister Haußmann, dass die Gemeinde ein Vorbild ist und das nun mit dem EAA unterstreichen kann. Wichtig sind aber auch Angebote wie die niederschwellige Beratung durch Michael Christ. Sie werde von den Bürgern gern genutzt, sagt Haußmann, schließlich bräuchten sie dafür nur den Weg ins Rathaus zu gehen: „Kürzer geht’s nicht.“