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Dettingen stellt neue Erzieherinnen ein

Betreuung In Dettinger Kindertagesstätten droht ein Engpass beim Personal. Gemeinde und Kita-Leitungen planen eine Ausbildungsoffensive und setzen auf die praxisintegrierte Ausbildung (PiA). Von Antje Dörr

Fachkräftemangel in Kitas? Verkürzte Betreuungszeiten, weil Erzieherinnen fehlen? Während in anderen Städten und Gemeinden längst die Hütte brennt und Eltern auf die Barrikaden gehen, war Dettingen bislang eine Insel der Seligen. Doch jetzt wendet sich das Blatt. Erzieherinnen fehlen, sowohl in den Kitas als auch im Schülerhort. Stellen, die ausgeschrieben werden, bleiben unbesetzt. Der hohe Krankenstand tut sein Übriges.

 

"Da geht’s manchmal zu wie im Wilden Westen.
Christiane Breuers
Kita-Leiterin über das Gebahren mancher Kommunen bei der Suche nach Erzieherinnen.

 

„In der Hinteren Straße 77 mussten wir die Betreuungszeit schon etwas reduzieren“, sagt Christiane Breuers, Leiterin der Evangelischen Kindertagesstätte Regenbogen. Im Naturkindergarten, der zur Kita Wirbelwind gehört, fehlen beispielsweise eine Integrationskraft und eine 50-Prozent-Kraft. Arbeitsbeginn? Am liebsten gestern. „Im Moment können wir das durch die geringe Kinderzahl auffangen, aber im Frühjahr wird es kritisch“, warnt Angela Gampe, Leiterin der Kita Wirbelwind.

Handeln, bevor es zu spät ist

Auch die langfristigen Aussichten sind düster. Bis 2024 gehen laut Angela Gampe vier Hundertprozent-Kräfte in Rente. Bei vielen jüngeren Erzieherinnen muss damit gerechnet werden, dass sie aufgrund von Schwangerschaft und Familienzeit ausfallen. Für die Gemeinde Dettingen und für die Leitungen der Kitas und des Schülerhorts steht deshalb fest, dass jetzt gehandelt werden muss, „auch wenn wir momentan noch einigermaßen aufgestellt sind“, wie Kämmerer Jörg Neubauer es formuliert. Schon heute werde in den Kitas viel ausgebildet, was mit dazu geführt hat, dass Fachkräftemangel in Dettingen bislang ein Fremdwort war. Doch laut Angela Gampe schwindet die Attraktivität der klassischen Erzieherinnenausbildung – mutmaßlich auch deshalb, weil Azubis erst im vierten Ausbildungsjahr, das sie im Praktikum an einer Kita verbringen, Geld verdienen. Die Gemeinde plant deshalb einen Strategiewechsel und möchte verstärkt PiA-Azubis einstellen. Auch FSJ-Praktikantinnen, die auf diesem Wege möglicherweise an den Beruf herangeführt werden, werden gesucht. 

„Wir müssen in die PiA-Ausbildung investieren, weil das die Zukunft ist“, ist Angela Gampe überzeugt. PiA, kurz für praxisintegrierte Ausbildung, dauert drei statt vier Jahre. Azubis erhalten ab dem ersten Lehrjahr eine Vergütung statt erst im vierten Jahr. „Das macht die Ausbildung auch für Männer interessanter“, sagt Gampe. PiA-Auszubildende sind zwei bis drei Tage pro Woche in der Einrichtung, in der restlichen Zeit drücken sie die Schulbank. Die ganze Kita profitiere von den Auszubildenden, weil aufgrund der ständigen Fortbildungen viel pädagogischer Input da sei. Und nicht zuletzt sei die Bindung an die Einrichtung nach drei Jahren gemeinsamer Arbeit hoch – was, so die Hoffnung, dazu führt, dass die frischgebackenen Erzieher nach der Ausbildung bleiben, anstatt abzuwandern. Allerdings ist der Aufwand für die Kitas nicht klein, weil die Auszubildenden, die ungelernt in die Kitas kommen, viel Anleitung brauchen. „Für die Anleiter bedeutet das mindestens eine Stunde Anleitungszeit pro Woche“, sagt Gampe. Für diese Stunde brauche es Vertretung, „denn die Erzieherin fehlt ja dann am Kind“.

Gemeinde und Kita-Leitungen sind optimistisch, dass es gelingen wird, auch langfristig genügend Fachkräfte zu finden. „Wir haben in Dettingen durch kluge politische Entscheidungen die Möglichkeit, den Erzieherinnen gute Arbeitsbedingungen zu bieten“, sagt Christiane Breuers. „Wir hatten bisher nicht das Problem, das Leute ständig den Arbeitsplatz wechseln wollten. Im Gegenteil.“ Auch nach der Familienzeit kehrten die meisten gerne zurück. „Auch da versuchen wir immer, gute Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu schaffen.“ Auch Rainer Haußmann ist zuversichtlich, dass die Ausbildungsoffensive Erfolg haben wird. „Wir haben schöne, große, neue Häuser. Tolle Teams. Wir sind pädagogisch auf Höhe der Zeit“. Die Marktmacht habe sich verschoben. Jetzt müsse man halt noch eine Schippe drauflegen. 

Kita-Plätze reichen aus

Offenbar hat die Corona-Pandemie Eltern nicht dazu bewogen, ihre Familienplanung voranzutreiben. Im Gegenteil. „Der Corona-Babyboom ist ausgeblieben“, sagte Rico Frick, Mitarbeiter im Ordnungsamt, im Dettinger Gemeinderat. Entsprechend rechnet die Gemeinde nicht mit einer größeren Nachfrage nach Krippen- und Kindergartenplätzen.

In der Kita Wirbelwind und bei den Regenbogenknirpsen sind gerade erst neue Plätze geschaffen worden. In der Kita Wirbelwind stehen ab Januar 113 Plätze zur Verfügung, im U3-Bereich sind es unverändert 20 Plätze. Im Naturkindergarten sei die Nachfrage sehr hoch, so Frick. Vorerst könnten keine weiteren Kinder mehr aufgenommen werden.

Die Kita Regenbogen sei mit ihren 121 Plätzen „gut ausgelastet“, die Plätze reichten aber noch aus. Im U3-Bereich Regenbogen gebe es jeweils 20 Plätze an zwei Standorten. „Es wurden zusätzliche Plätze geschaffen, indem eine Wand eingezogen wurde“, so Frick. adö