In den guten Jahren 2016 bis 2022 konnte Dettingen insgesamt 7,6 Millionen Euro auf die hohe Kante legen. Diese ersparten Ergebnisrücklagen werden in den kommenden Jahren eingesetzt, um den Gemeindehaushalt auszugleichen – und schmelzen folglich dahin.
Eigentlich sollten Gemeinden in ihrem Ergebnishaushalt, der die laufenden Erträge und Aufwendungen abbildet, Geld für Investitionen erwirtschaften. Doch das gelingt nicht, womit Dettingen nicht alleine ist, wie Bürgermeister Rainer Haußmann betonte: Rund 70 Prozent der Kommunen in Baden-Württemberg hätten keinen ausgeglichenen Haushalt. Der Rathauschef prangerte die Landes- wie die Bundespolitik an: unterfinanzierte Kommunen, überbordende Bürokratie, immer mehr Aufgaben, die ohne finanziellen Ausgleich auf die Gemeinden abgewälzt würden. Idealvorstellungen gingen hier oft am Machbaren vorbei, zum Beispiel in der Kinderbetreuung. „Hätte Baden-Württemberg die Standards von Bayern, hätten wir in unseren Kitas über Nacht Platz für weitere 90 000 Kinder“, stellte er fest. Die Kommunen seien „das schwächste Glied in der Kette“, ihre Ausgaben „überwiegend fremdbestimmt“.
Auch Kämmerer Jörg Neubauer sieht eine wachsende Lücke zwischen der finanziellen Ausstattung der Gemeinden und den ihnen zugeteilten Aufgaben. Größte geplante Einnahme im Ergebnishaushalt 2024 ist der Einkommensteueranteil mit 4,5 Millionen Euro, gefolgt von der Gewerbesteuer: Dafür sind 4,3 Millionen Euro angesetzt, die der Kämmerer für erreichbar hält. Die Zuweisungen vom Land belaufen sich auf 3,2 Millionen Euro.
Bei den Ausgaben stehen die Personalkosten ganz oben, sie betragen derzeit 5,6 Millionen Euro, bei stetig steigender Tendenz. Das liegt zum einen an zusätzlichen Stellen, beispielsweise in der Kinderbetreuung, zum anderen an neuen Tarifabschlüssen. Diese Kosten seien „nicht umkehrbar“, ebenso koste der Unterhalt einer wachsenden Infrastruktur unvermeidbar Geld, sagte Jörg Neubauer. Für die Kreisumlage muss die Gemeinde 3,1 Millionen Euro aufbringen. Und auf der Einnahmenseite seien die Möglichkeiten recht gering: So sei die im November vom Gemeinderat beschlossene Erhöhung der Grund- und Gewerbesteuer letztlich nur „ein Tropfen auf den heißen Stein“ – aber dennoch wichtig, weil die Gemeinde diese Möglichkeiten ausschöpfen müsse, bevor sie sich neu verschuldet.
Gute Infrastruktur
Bei allem Negativen habe Dettingen das Glück, die eigene Infrastruktur schon sehr gut ausgebaut zu haben, betonten Bürgermeister und Kämmerer. Das gelte für Straßensanierungen, aber auch in Sachen Kitas, Schule und Flüchtlingsunterkünfte – hier sei die Gemeinde gut versorgt, während andere noch Nachholbedarf hätten. Gerade jetzt müsse aber weiter investiert werden. Das gebiete die volkswirtschaftliche Vernunft in der schwachen Konjunktur, das gebiete aber auch der Klimaschutz und die Notwendigkeit, unseren Nachkommen eine funktionierende Infrastruktur zu hinterlassen. Deshalb brauche es „Mut, bis an die Kante zu gehen bei der Verschuldung und bei der Abschmelzung der Liquidität“, so Haußmann.
Allerdings genehmige die Kommunalaufsicht neue Kredite ausschließlich für Investitionen und nicht für den „Konsum“, also den laufenden Betrieb, stellte der Kämmerer klar. Er sehe den Haushalt dank der Reserven momentan „trotz allem noch gut aufgestellt“ und gehe davon aus, dass die geplante Neuverschuldung akzeptiert werde. Insgesamt 2,5 Millionen Euro will die Gemeinde bis Ende des Jahres 2027 aufnehmen. Die Verschuldung steigt damit in diesem Zeitraum von rund vier Millionen Euro auf 5,2 Millionen Euro, weil ja gleichzeitig auch getilgt wird.
Die Haushaltsberatungen in Dettingen finden in der nächsten Gemeinderatssitzung am Montag, 4. März, statt, verabschiedet werden soll der Haushalt dann am 18. März.
Geplante Investitionen bis 2027 in Dettingen
Projekte Insgesamt will die Gemeinde bis 2027 im Kernhaushalt, also ohne die Eigenbetriebe Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung, 18,6 Millionen Euro investieren. Das mit Abstand größte Projekt in den kommenden Jahren wird der Bau einer barrierefreien Fußgängerunterführung unter der B 465 und der Bahn. Hierfür sind bis 2028 insgesamt 10,3 Millionen Euro vorgesehen, wobei eine Förderung in Höhe von 90 Prozent beantragt ist. Nur wenn der Zuschuss bewilligt wird, kommt die Unterführung tatsächlich. Die Gemeinde muss allerdings wegen des aufwendigen Planverfahrens und wegen zeitlicher
Fristen schon „auf Risiko“ zu planen beginnen. Dafür stehen im aktuellen Jahr 500 000 Euro im Haushalt. Sanierung Größter Brocken bei den Investitionen im Jahr 2024 sind mit 1,55 Millionen Euro die restlichen Kosten für die Sanierung des Bauhofs. Für die Erneuerung und den Ausbau von Straßen sind 550 000 Euro vorgesehen, fürs Sanierungsgebiet Ortskern II rund 300 000 Euro. Die Schaffung von Baumgräbern auf dem Friedhof ist mit 245 000 Euro angesetzt, die Schaffung einer zweiten Gruppe des Naturkindergartens wird mit rund 160 000 Euro veranschlagt. aia