Zwischen Neckar und Alb
Die Baudenkmäler sollen sensibel behandelt werden

Bau Das Otto-Quartier ist steinernes Zeugnis eines Landes im Umbruch. Jetzt soll es teils neu bebaut werden. Der Denkmalschutz hat ein wachsames Auge. Von Sylvia Gierlichs

Mit der Zustimmung des Gemeinderats zum Bebauungsplan für das Otto-Quartier an der Schäferhauser Straße in Wendlingen rückt der Beginn der Bautätigkeit der Firma CG-Elementum näher. Ein besonderes Augenmerk lag auf dem alten Baumbestand im Quartier. Nicht alle Linden bleiben erhalten.

Ein weiteres Augenmerk liegt auf dem Denkmalschutz. Denn den Charme des Otto-Quartiers machen die historischen Industriegebäude aus. Das Landesamt für Denkmalpflege wies bereits 2020 darauf hin, dass die Industrieanlage in Baden-Württemberg ihresgleichen sucht. Kein weiteres Textilwerk aus der Zeit des Historismus gibt es im Ländle, das in gleicher Weise Architekturqualität und Vollständigkeit miteinander vereint.

 

Ein behutsamer Umgang mit dem Bestand ist in der Planung vorgesehen.
Christiane Schäfer
Planerin des Büros Baldauf Architekten
 

Kombiniert man sie mit modernen Wohn- und Gewerbebauten, kann hier eine hochwertige und reizvolle Mischung von Alt und Neu entstehen. Das Landesamt für Denkmalpflege verweist darauf, dass eines der unter Denkmalschutz stehenden Gebäude, die Weberei, während des Bebauungsplanverfahrens Gegenstand umfangreicher Denkmalgespräche war, um sicherzustellen, dass die Gebäudestrukturen erhalten werden. Und dass es wegen der geplanten Umnutzung der Weberei, die nach den Plänen des Investors nur zum Teil erhalten werden soll, auch denkmalschutzrechtliche Genehmigungsverfahren zu berücksichtigen gebe – zwei deutliche Hinweise der Behörde an den Bauherrn. Denn die Weberei mit den Scheddächern, erbaut zwischen 1892 und 1896, ist eines der markanten Gebäude im Quartier. Die Scheddächer waren deswegen so innovativ, weil sie den Arbeitern im Gebäude Licht gaben, ohne zu blenden. Auch die Hitze hielt sich so in Grenzen.

Die Behörde deutet in ihrer Stellungnahme auch darauf hin, dass die den Plänen zugrunde liegende Kennzeichnung einiger Gebäude nicht mit der tatsächlichen Denkmalkartierung übereinstimmt. Dies trifft zum Beispiel auf die Ausrüstungshallen zu, die nicht als Kulturdenkmal gekennzeichnet wurden, während beispielsweise der Neue Speisesaal fälschlicherweise als solches ausgewiesen wurde.

Planerin Christiane Schäfer vom Büro Baldauf Architekten aus Stuttgart vermerkte hierzu, dass die Ausführungen des Landesamtes für Denkmalpflege in den Bebauungsplan übernommen wurden. Einzig die Ausrüstungshallen, ursprünglich ja nicht mit dem Label Denkmalschutz versehen, sollen der Abrissbirne zum Opfer fallen. „Eine Abbruchgenehmigung liegt vor, daher wird auf die Darstellung der Denkmaleigenschaft hier verzichtet“, merkte sie an. Die Ausrüstungshallen sind also die ersten historischen Gebäude, die im Quartier fallen.

Das Amt schreibt auch, dass die Baugrenzen der Kulturdenkmale größer sind als die Grundfläche der Gebäude. Die Behörde weist hier darauf hin, dass an der Erhaltung der Kulturdenkmale aus wissenschaftlichen, künstlerischen und heimatgeschichtlichen Gründen ein öffentliches Interesse besteht, das auch im Denkmalschutzgesetz festgehalten ist. „Ein Anbau oder eine bauliche Erweiterung der Kulturdenkmale ist keine konservatorische Zielsetzung. Wir bitten die Erhaltung der bestehenden Kulturdenkmale deshalb auch planungsrechtlich abzusichern und regen an, die Baugrenze am Bestand zu orientieren“, schreibt der Sachbearbeiter des Landesamtes für Denkmalpflege.

Indes, hier will Planerin Schäfer den Bitten des Amtes nicht ganz folgen. „Teilweise werden in geringem Umfang Möglichkeiten zum Anbau oder zur Aufstockung der Gebäude durch die Festsetzungen des Bebauungsplans zugelassen, um Nachnutzungen zu ermöglichen und die Wirtschaftlichkeit zu erhöhen“, schreibt sie. Und gibt zu bedenken, dass es außerordentlicher Anstrengung bei der Planung bedarf, die Sanierung und Nachnutzung der denkmalgeschützten Gebäude umzusetzen. „Ein behutsamer Umgang mit dem denkmalgeschützten Bestand und Absprachen mit den Behörden sind in der hochwertigen Überplanung vorgesehen“, so die Ausführungen der Planerin.

Das wohl beeindruckendste Gebäude des gesamten Otto-Quartiers ist jedoch das Kesselhaus. Gebaut 1927 ist es weithin sichtbar. Es steht nicht unter Denkmalschutz. Allerdings hat sich die HOS für den Erhalt des Gebäudes stark gemacht.

Die historischen Gebäude der Textilwerke Otto

Das Gebäudeensemble auf dem Areal an der Schäferhauser Straße wird vom Landesamt für Denkmalpflege an sich schon als Kulturdenkmal eingestuft.

Es umfasst den Verwaltungsbau von 1928, die Spinnerei, erbaut 1889 und erweitert um 1902, der ­Batteurbau von 1889, die ­Weberei, erbaut zwischen 1892 und 1896, die Ausrüstungshallen von 1925, das Kessel- und Maschinenhaus, erbaut 1927, das Maschinenhaus für Wasserturbinen von 1886, das Maschinenhaus mit Dampfturbine von 1910, das Pförtnerhaus von 1914 und einige Arbeiterwohnhäuser, die von Otto Tafel geplant und 1887 erbaut wurden.

Zudem gibt es einige Backsteinbauten mit Mittelrisalit, einem hervorspringenden Gebäudeteil, einer sogenannten geohrten Türrahmung, also mit vorspringende Ecken, und farbigem Ziegelmuster, die 1888 von Jakob Manz geplant wurden. Außerdem ist auch noch eine alte Pumpe vorhanden, die ebenfalls aus dem Jahre 1888 stammt. sg