Eingepackt in einen Schutzanzug, mit Brille, Haube, Handschuhen und Maske steigen die Notfallsanitäterin Isabelle Schrubbe, die Rettungssanitäterin Julia Emmert und deren Kollege Patrick Kühbauch aus dem Krankenwagen. Ein ungewöhnlicher Anblick, denn eigentlich tragen sie bei ihren Einsätzen nur Handschuhe. In Zeiten der Corona-Pandemie ist jedoch nichts gewöhnlich; die Schutzausrüstung gehört zum Alltag. Wenn ein Patient Symptome aufweist oder eine bestätigte Corona-Infektion hat, schlüpfen die Retter des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) in die Schutzausrüstung.
Bei anderen Einsätzen sind Mund-Nase-Schutzmasken und Handschuhe Pflicht. Das DRK benötigt daher deutlich mehr Material. Der Verbrauch habe sich verfünffacht, schätzt Christian Knapp, der stellvertretende Rettungsdienstleiter und Desinfektor. „Eine Maske wird für eine Schicht von zwölf Stunden getragen, solange es keinen bestätigten Verdacht gibt“, erklärt er. Die Einsatzkräfte tragen FFP2- oder FFP3-Masken; sie schützen damit den Patienten und sich selbst. „Früher haben wir bei Einsätzen keine Maske getragen. Es sei denn, es gab eine Meldung, dass es eine Infektion gibt. Aber diese Fälle konnte man an einer Hand abzählen.“
Bereits in der integrierten Leitstelle in Esslingen wird bei jedem Notruf abgefragt, ob der Patient Symptome aufweist, ob er zu Corona-Infizierten Kontakt hatte oder ein eventueller Corona-Test positiv war. „Das ist eine Vorgabe des Innenministeriums“, sagt Reiko Lange. Der 37-Jährige nimmt die Anrufe entgegen. Es gibt fünf Haupthinweise, die er dem Team im Krankenwagen mitteilt, ob ein Corona-Test positiv oder negativ war, ob ein Verdacht auf eine Infektion besteht oder nicht oder ob keine Abfrage erfolgen konnte, weil der Patient nicht ansprechbar war. Doch es gibt dabei ziemliche Probleme.
„Wir stellen massiv fest, dass in der Bevölkerung Leichtsinnigkeit und Unachtsamkeit herrschen“, sagt Knapp. Viele dächten, sie würden später behandelt, wenn sie infiziert sind oder eine Infektion nicht ausschließen können. Doch jeder werde gleich behandelt, betont Knapp. Aber er weist auf die Sorgen der Mitarbeiter hin: „Die haben ein erhöhtes Risiko in jeder Schicht.“ Denn im Fahrzeug sei es eng. Umso wichtiger sei es, dass die Patienten ehrlich antworten. Das treibe die Kollegen um. Auch sie müssten in Quarantäne, wenn sie sich nicht rechtzeitig bei einer Einsatzfahrt schützen. Schon vor der Pandemie herrschte Personalnot - jetzt ist sie noch größer. Sie stimmen sich nun eng mit den Maltesern oder Johannitern ab, um die Ausfälle zu kompensieren, so Knapp. Aber auch Verwaltungsmitarbeiter des DRK müssen „mit auf die Straße“.
Auch der Faktor Zeit ist eine Herausforderung, denn jedes Fahrzeug muss noch gründlicher vor- und nachbereitet werden. „Die Dauer eines Einsatzes hat sich verdoppelt“, sagt Knapp, der seit zweieinhalb Jahren beim DRK-Rettungsdienst Esslingen-Nürtingen arbeitet; davor war er 23 Jahre lang in Stuttgart. Üblicherweise werden all jene Bereiche gesäubert, mit denen der Patient in Berührung gekommen ist. Jetzt werde das ganze Fahrzeug „von der Decke bis zum Boden“ mit Desinfektionsmittel gereinigt, samt aller Geräte. Besteht bei einem Patienten der Verdacht auf eine Infektion oder ist er infiziert, wird das Fahrzeug speziell vorbereitet. „Aus dem Auto wird alles ausgeräumt, was ich nicht zwingend brauche, um die Entsorgung von Einmalartikeln zu reduzieren“, sagt der 45-Jährige. Eines aber ist im Dauereinsatz: das Fieberthermometer. „Um die Symptome zu bestätigen oder auszuschließen“, sagt Knapp. „Denn wir haben keine Corona-Tests im Fahrzeug.“