Es ist der vorläufige Höhepunkt im Streit zwischen Stadtverwaltung und Feuerwehr: Eine Woche, nachdem der Rücktritt des Feuerwehrchefs Peter Flamm öffentlich wurde, wollen nun auch dessen drei Stellvertreter Christian Wahl, Johannes Milkau und Markus Wezel von ihren Ämtern zurücktreten. „Mit Verweis auf die aktuelle Lage und um einen personellen Neuanfang möglich zu machen, haben die drei stellvertretenden Feuerwehrkommandanten ebenfalls Abberufungsanträge gestellt“, heißt es in einer Pressemitteilung des Aichtaler Bürgermeisters Sebastian Kurz. Wahl habe ihm die Entscheidung in einem persönlichen Gespräch mitgeteilt. Man könne und wolle unter den aktuellen Umständen keine Verantwortung für die Feuerwehr in Aichtal übernehmen, heißt es in einer schriftlichen Erklärung der drei Stellvertreter.
Mit den „aktuellen Umständen“ dürften wohl die anhaltenden Differenzen zwischen Stadtverwaltung und Feuerwehr gemeint sein. Seit klar ist, dass die Stadt Aichtal eine Fusion der drei Abteilungen Grötzingen, Aich und Neuenhaus anstrebt, kriselt es ordentlich zwischen Verwaltung und Rettungskräften. Die Stadt möchte die Feuerwehren zusammen im neuen Feuerwehrhaus, das für 12,7 Millionen Euro gebaut werden soll, unterbringen. Der Gemeinderat hat dazu bereits einen Beschluss gefasst. Doch noch immer lehnen einige Feuerwehrleute eine Zusammenlegung der Abteilungen ab. Immer wieder wurde der Stadtverwaltung in der Vergangenheit von den Rettungskräften vorgeworfen, die Feuerwehr nicht in den Prozess der Fusion miteinzubeziehen.
Skandal um Nazi-Parolen
Für noch mehr Unruhe sorgte ein Vorfall im Mai, bei dem ein Feuerwehrmann der Abteilung Aich in der Stadt Nazi-Parolen skandiert hatte. Bekannt wurde das erst im Juli. Feuerwehrkommandant Peter Flamm war bei dem Vorfall anwesend, soll selbst aber keine Parolen gerufen haben. Die Namen der Beteiligten habe er jedoch erst mehrere Tage später preisgegeben, so der Vorwurf von Bürgermeister Sebastian Kurz. Unter anderem deswegen und wegen mehrerer anderer Vorfälle sei ein Amtsenthebungsverfahren gegen Flamm eingeleitet worden. Der Amtsenthebung kam Flamm zuvor, indem er selbst von seinem Posten zurücktrat.
Zu erneuten Meinungsverschiedenheiten zwischen Feuerwehr und Verwaltung kam es, als bekannt wurde, dass der beschuldigte Feuerwehrmann, trotz laufender Ermittlungen der Polizei, wieder in den Dienst der Feuerwehr aufgenommen wurde. Der stellvertretende Kommandant Christian Wahl hatte die Suspendierung aufgehoben. Kurz verurteilte den Schritt aufs Schärfste. Die Feuerwehr wiederum warf Kurz vor, die Rettungskräfte unter Generalverdacht zu stellen. Mit dem Rücktritt der gesamten Führungsspitze wird nun ein deutliches Zeichen in Richtung Stadtverwaltung gesendet.
Sechs Kommandanten in elf Jahren
Der Gemeinderat muss nun über die Rücktrittsgesuche entscheiden. Die Nachfolgersuche habe nun höchste Priorität, sagt Bürgermeister Kurz. Innerhalb von drei Monaten muss ein neuer Feuerwehrkommandant gefunden werden. Für den Posten des Stellvertreters habe man mehr Zeit. Allerdings soll es dann nicht mehr drei stellvertretende Kommandanten geben, sondern nur einen. Man möchte „personelle Kontinuität erreichen“, so Kurz in der Pressemitteilung. Davon ist man derzeit weit entfernt – innerhalb von elf Jahren hat es in Aichtal sechs verschiedene Kommandanten gegeben.
Doch nicht nur die Suche nach einer neuen Spitze der Aichtaler Feuerwehr dürfte die Stadt in den kommenden Wochen beschäftigen. Denn nun hat sich auch der Naturschutzbund (Nabu) Aichtal-Neckartenzlingen in die Pläne rund um das neue Feuerwehrhaus eingeschaltet und kritisiert die Standortwahl. Die Fläche neben der L 1185 sei als flächenhaftes Naturdenkmal eingestuft. Dort lebten verschiedene Arten von Spechten und Fledermäusen. „Sowohl die Tiere als auch deren Lebensraum sind gesetzlich geschützt“, sagt Agnes Pahler vom Nabu. Sie kritisiert vor allem den geplanten großen Parkplatz neben dem Gebäude. „Die versiegelte Fläche wird die Regenwasserversickerung behindern.“ Die offene Fläche zwischen Aich und Grötzingen spielt außerdem eine wichtige Rolle für das lokale Klima. „Sie dient als Frischluftschneise und Verdunstungsfläche im lokalen Wasserkreislauf“, so Pahler. Ein Schreiben mit allen Bedenken habe man der Stadtverwaltung und den Gemeinderäten zukommen lassen.