Zwischen Neckar und Alb
Die Flüchtlingsunterkünfte im Kreis erhalten Internetzugang

Kommunikation Der Landkreis Esslingen reagiert auf die Forderung der Freifunk-Initiative und richtet Anschlüsse in den Flüchtlingseinrichtungen ein. Viele Geflüchtete sind auf die Mobilfunkverbindung angewiesen. Von Elisabeth Maier

Nach langem Zögern hat sich der Landkreis Esslingen entschlossen, WLAN in allen Flüchtlingsunterkünften einzurichten, in denen dies möglich ist. Thomas Rother und seine Mitstreiter von der Initiative Freifunk hatten lange und öffentlichkeitswirksam dafür gekämpft, das dieses gerade für Geflüchtete so wichtige Angebot geschaffen werden soll. „In den Gemeinschafts- oder Aufenthaltsräumen wird nun WLAN eingerichtet“, teilte Andrea Wangner, Pressesprecherin des Landkreises, mit. Das haben Kommunalpolitiker und Verwaltung des Landkreises kurzfristig entschieden.

Anders als etwa der Rems-Murr-Kreis war der Kreis Esslingen bei dem Thema bislang zurückhaltend. Zwar habe es immer Anschlüsse in den Unterkünften gegeben, in denen vorwiegend Familien leben, stellt Wangner klar. Gerade den Kindern sollte die Möglichkeit gegeben werden, am Online-Unterricht teilzunehmen. Auch die Kommunikation zwischen Eltern und Lehrern war so gewährleistet. Grundsätzlich handle es sich aber nicht um eine Leistung, die in die Zuständigkeit des Landkreises falle: Nach Auffassung des Innenministeriums setzten sich die Grundleistungen für Asylbewerber aus dem notwendigen Bedarf zusammen. Dazu gehören Leistungen für Ernährung, Unterkunft, Heizung, Kleidung, Gesundheitspflege, Gebrauchs- und Verbrauchsgüter des Haushalts sowie der notwendige persönliche Bedarf zur Deckung persönlicher Bedürfnisse des täglichen Lebens. Der notwendige persönliche Bedarf enthalte Beträge, um das Kommunikationsbedürfnis zu decken. „Dazu zählen auch Beträge für Internet“, sagt Wangner. Dennoch habe auch der Kreis geprüft, in welchen Unterkünften Anschlüsse problemlos möglich seien. Das ging Thomas Rother und seinen Mitstreitern nicht weit genug: „Um die Geflüchteten in die Gesellschaft zu integrieren, brauchen sie in Zeiten der Digitalisierung Anschluss ans Internet.“ Wie wichtig dieses Medium ist, bestätigt Adil Kusa, der vor drei Monaten aus Syrien nach Deutschland gekommen ist. In seinem Heimatland hat er erfolgreich in der Schuhbranche gearbeitet, dann musste er flüchten. „Es geht ja nicht nur darum, übers Internet mit der Familie Kontakt zu halten.“ Wichtig sind dem jungen Syrer vor allem die Anträge. „Viele Formulare findet man im Internet.“ Und auch beim Erlernen der deutschen Sprache ist das Netz für ihn unverzichtbar.

Die Freifunker unterstützen den Landkreis gerne

„Aus dem Alltag ist das Internet heute nicht mehr wegzudenken“, sagt der Computer-Experte Alexander Bourgett von der Freifunk-Initiative. Sie möglichst barrierefrei in die Gesellschaft zu integrieren, sehen er und Thomas Rother als wichtige Aufgabe an. Dass sich der Landkreis Esslingen nun bewegt hat, freut Rother. Mit ihrer Expertise unterstützen die Freifunker den Landkreis gerne: „Wir helfen bei der Einrichtung.“

Wie fruchtbar solche Schulterschlüsse sein können, macht der Rems-Murr-Kreis vor. „Wir haben viel Unterstützung bekommen“, sagt Pressesprecherin Martina Keck. Internetaffine Mitarbeiter des Kreises hätten sich sehr engagiert. Mit „schwäbischen Lösungen“ habe man es kostengünstig geschafft, die Unterkünfte mit WLAN auszustatten. Das Unternehmen Unitymedia konnte als Sponsor der Leitungen gewonnen werden. Der Verein Freifunk Stuttgart habe dann die Netze in den Unterkünften eingerichtet. „So hat der Kreis nur die einmaligen Kosten für Hardware tragen müssen.“ Wo eine Leitung von Unitymedia lag und Kosten gering waren, wurde WLAN nach und nach realisiert. So habe man 25 Standorte bis zur Pandemie versorgen können. Ab Anfang 2021 wurden alle bis auf drei Standorte mit WLAN ausgestattet. Die jährlichen Kosten für den Rems-Murr-Kreis liegen bei rund 5000 Euro, was 63 Cent pro Bewohner und Monat entspricht.

 

Die Initiative Freifunk

Lokales Netzwerk Freifunk ist eine
nicht kommerzielle Initiative, die sich
dem Aufbau und Betrieb eines freien
Funknetzes widmet, das aus selbst
verwalteten lokalen Netzwerken besteht.
In Deutschland hat die Initiative
ihren Ursprung in Berlin.
Datennetz im Großraum Freifunk
Stuttgart baut im Großraum Stuttgart
ein Datennetz mit WLAN-Geräten, den
sogenannten Knoten, auf. Das Netz ist
immer ohne Verträge oder die Angabe
von persönlichen Daten von jedem
nutzbar. Weitere Informationen gibt
es im Internet unter der Adresse www.
freifunk-stuttgart.de. eli