Schön, dass Sie alle gekommen sind. Wir haben die Wolken weggebetet, heute Nachmittag hat’s hier noch ganz anders ausgesehen. Aber, wir haben gesagt: Wir setzen auf Sieg: Wir bleiben im Freien“, begrüßt Gabi Grabinger die über 300 Besucher, die sich rund um den Rathausplatz verteilt haben. Und die quirlige Chorleiterin, die nicht minder als Conférencieuse punktet, hat so richtig Lust auf die „Klassische Nacht“, die sich regenfrei, aber dafür frisch wie der Abendwind als hochklassisches Konzert mit Vielfalt, Witz und so manchen Anekdoten offenbart. Nicht verwunderlich, denn mit David E. Moore und Peter Grabinger kamen, wie die Moderatorin ankündigte, ein „preisgekrönter internationaler Star“ und ein „Zauberer an den Tasten“ nach Dettingen. Was sich allerdings erst im Laufe des Abends herausstellte: Der eine nennt sie „Mom“ und der andere „Moggel“ – ein Beweis, wie es nach vierzig Jahren Ehe und dreißig Jahren Freundschaft noch immer laufen kann.
Gefühlvoll, satt und energetisch legt David Moore los - seine unverwechselbare Stimme gehorcht ihm zu jeder Zeit. Scheinbar mühelos gelingt dem dramatischen Tenor und vielfachen Musical-Darsteller, die Emotion des Augenblicks, wie bei „Somewhere over the Rainbow“ oder Gershwins „Summertime“, teils mit sanften, ja, mit fast gehauchten Tönen einzufangen und widerzugeben. Doch sein nahezu grenzenlos erscheinendes Klangvolumen, das haut er bis zum Anschlag beim Spiritual „Ride on King Jesus“ raus. Es ist ein Stück, das wahrscheinlich sogar aus der Zeit vor dem amerikanischen Bürgerkrieg stammt. Darbietung und Text machen in Zeiten des Ukrainekriegs sehr nachdenklich. „Was viele gar nicht wissen, die Ursprungsmelodie, aus der Summertime entstand, ist ein ukrainisches Wiegenlied“, klärt Gabi Grabinger auf.
Ein „Zauberer an den Tasten“
Doch nicht nur David Moore schaut und hört man bei der „Arbeit“ gerne zu – auch Peter Grabinger zeigt mit jedem Ton, was er so draufhat. Zum Beispiel bei seinem Titel „Memories of Love“. Es ist auch ein visueller Hörgenuss, wenn seine Finger mal sanft über die komplette Tastatur gleiten, um dann wiederum bei dem ein oder anderen Zwischensolo wie wilde Mustangs auszubrechen. Es gibt Pianisten, die ein unbewegliches Gesicht haben – und es gibt Peter Grabinger. Beobachtet man ihn beim Spiel, zeigt er mit seinem Gesichtsausdruck, was er fühlt und was in der Musik vorgeht. Und es ist eine besondere Symbiose zwischen den beiden Künstlern – jeder lässt dem anderen seinen Raum, wobei der Pianist seinen Gesangspartner im Visier hat. Denn: Hält dieser mal nach Gusto einen Ton länger als vorgesehen, muss der Mann am Klavier blitzschnell agieren.
Gabi Grabingers Plaudereien mit David Moore verleihen dem Konzert eine persönliche Note. Dadurch lässt sie auch jedem gesungen Titel genügend Raum, um nachzuwirken. Ob „Gut gemacht“ von Ella Endlich, Roger Ciceros „In diesem Moment“ oder der Ohrwurm „Über sieben Brücken musst du geh‘n“ von Karat und Peter Maffay – das Publikum findet es prima, dass auch deutsche Titel gesungen werden. Und es freut sich, dass sich der „Bachelor in Information Systems“, der 1961 in Pittsburgh, Pennsylvania geboren wurde, Stuttgart lange Zeit sein Zuhause nannte und nun in Bochum glücklich ist, sich sehr offen und sympathisch zeigt.