Zwischen Neckar und Alb
Die Kosten sprinten schon los

Bildung Beim Baggerbiss für die neue Sporthalle am beruflichen Schulzentrum Esslingen-Zell ist die Kalkulation schon überholt. Nach fünf Jahren Pause soll 2019 wieder Sportunterricht stattfinden. Von Roland Kurz

Über den Baggerbiss für die neue Sporthalle freuen sich Lehrer und Schüler am beruflichen Schulzentrum Esslingen-Zell schon. Riesig wird die Freude aber erst sein, wenn - nach fünf Jahren Pause - zum Schuljahresbeginn 2019/2020 in der neuen Halle wieder gekickt und geturnt werden kann. Der Neubau sei wirtschaftlicher, als die alte Halle zu sanieren, die durch die Belegung mit Flüchtlingen gelitten hat, sagte Landrat Heinz Eininger. Der Kostenansatz von 5,3 Millionen Euro wird aber vermutlich überschritten.

Spaß mit dem Joystick

Nach kurzer Einweisung durch Baggerführer Felix Greschner von der Esslinger Baufirma Bayer hob der Landrat die erste Schaufel Erde selbst aus. Auch die zweite, dritte und vierte Schaufel erledigte er allein - mit dem Joystick Baggerfahrer zu spielen, macht ihm offensichtlich Spaß. Weniger Vergnügen bereitete das Thema Sporthalle in den vergangenen Jahren. Im September 2014 stand der Landkreis durch die vom Land zugewiesenen Flüchtlinge so unter Druck, dass er seine drei Turnhallen an den Berufsschulen belegte, zuerst am Esslinger Schulzentrum, das von annähernd 5 000 Schülern besucht wird. Der Kreis sei dafür heftig kritisiert worden, sagte Eininger, „aber uns blieb keine andere Wahl“.

Den Handwerkern, die den Boden in der Zeller Halle sanieren sollten, habe man angesichts der neuen Nutzung abgesagt, erinnerte Eininger gestern an die Historie. Bis zu 134 Flüchtlinge waren zeitweise untergebracht. Eininger dankte den Chefs der kaufmännischen, der hauswirtschaftlichen und der technisch-gewerblichen Schule. Sie hätten das Vorgehen unterstützt - wenn auch zähneknirschend. Unterstützung sei auch von der Stadt Esslingen gekommen. Sie habe einen großen Teil des Pflicht-Sportunterrichts in ihren Hallen aufgenommen. Die Verlagerung des Sportunterrichts hat überdies zu einem Streit mit dem Land Baden-Württemberg geführt. Das Land weigere sich, die Kosten für die Beförderung der Schüler zu den Ersatzhallen zu bezahlen, beklagt Heinz Eininger. Er bestehe auf der Kostenerstattung, denn es gebe einen direkten Zusammenhang zwischen Flüchtlingsunterbringung und Schülertransport.

Unterrichtsausfall hält an

Auch Thomas Fischle, Leiter der Käthe-Kollwitz-Schule, erinnert sich gut an das Telefonat, das ihn in den Sommerferien 2014 erreicht hatte. Er sei sofort vom Allgäu heimgefahren, um mit seinen Kollegen nach Ersatz-Hallen zu suchen. Mithilfe der Stadt habe man wenigstens den Sport in den beruflichen Gymnasien aufrechterhalten können. In den anderen Schularten fiel und fällt noch immer der Sportunterricht aus. Die Flüchtlinge sind zwar Ende 2016, als der Strom nachließ, wieder ausgezogen, doch aufgrund der Umbauten - Holzboden, Küchen, Sanitäreinrichtungen - war die Halle nicht mehr für den Sportunterricht nutzbar. Deshalb warten auch die Esslinger Vereine, die abends die Halle genutzt hatten, sehnsüchtig auf den Neubau.

Zeitgleich zur Unterbringung haben die drei beruflichen Schulen Klassen für junge Flüchtlinge ohne Deutschkenntnisse eingerichtet. Dass man dafür als „Flüchtlingsschule“ beschimpft worden sei, habe ihn getroffen, sagte Thomas Fischle. Letztlich sei er aber dadurch bestärkt worden, dass seine Arbeit richtig sei, betonte der Leiter der Käthe-Kollwitz-Schule. Den Imbiss, der nach dem Baggerbiss gereicht wurde, hatten die Flüchtlinge in der hauswirtschaftlichen Schule hergestellt.

Deutliche Spuren

Dass die intensive Nutzung von Halle und Sanitärräumen ziemlich schnell deutliche Spuren hinterließ, nutzten die Schulleitungen, um die Idee eines Neubaus an die Kreisverwaltung heranzutragen. Eine Wirtschaftlichkeitsrechnung brachte dann auch das Ergebnis, dass der Neubau wirtschaftlicher ist als eine Sanierung der Halle.

Die Baukonjunktur und der Fachkräftemangel werfen die Kostenrechnung allerdings schon wieder über den Haufen. Seit der Baufreigabe durch den Kreistag hätten die Baukosten „rasante Sprünge“ gemacht, beklagte Eininger. Nach der Vergabe der ersten Gewerke überschreite man die Kosten bereits um mehr als 15 Prozent.