Kreis. Hohe Mieten und Wohnungsmangel träfen vor allem Haushalte mit niedrigem Einkommen besonders hart, heißt es in dem aktuellen Bericht. Das Pestel-Institut hat die Entwicklung der Mieten im Kreis Esslingen und die Situation der Geringverdiener am Wohnungsmarkt analysiert. Außerdem präsentieren die Wissenschaftler ihr neues Wohnsiegel „Mein Fair-Mieter“.
Beim Blick auf den Kreis kommt das interdisziplinäre Forschungsinstitut zu dem Schluss, dass es für Geringverdiener kaum Wohnraum gibt. Das stehe in direktem Zusammenhang mit der Entwicklung der Mieten, die für einfache Wohnungen 4,6 mal so stark gestiegen seien wie die Lebenshaltungskosten. Im August 2020 habe die durchschnittliche Netto-Kaltmiete für Hartz-IV-Empfänger im Kreis 9,57 Euro pro Quadratmeter betragen, das seien 2,30 Euro mehr als vor sechs Jahren, erklärte der Leiter des Pestel-Instituts, Matthias Günther. Das sei keine günstige Miete. Sein Institut orientiere sich an den Mietstufen des Wohngeldgesetzes. Demnach müsste eine günstige Quadratmetermiete für die Stadt Esslingen unter 8,50 Euro liegen.
Kaum bezahlbarer Wohnraum
Die Wirklichkeit sehe allerdings anders aus: „Bei den Mieten wird oft rausgeholt, was rauszuholen ist. Dabei bauen Vermieter auf die Jobcenter als zuverlässige Zahlstelle. Diese übernehmen die Kosten für Wohnungen einfachen Standards. Auf genau diese Wohnungen sind aber auch die vielen anderen Haushalte mit niedrigen Einkommen angewiesen“, sagte Matthias Günther. Er zählt dazu nicht nur die Beschäftigten des Niedriglohnsektors, die bundesweit fast ein Viertel aller Arbeitnehmer ausmachten, sondern auch Erwerbstätige in der Pflege, im Sozial- und Dienstleistungsbereich. Ihnen fehle bezahlbarer Wohnraum, erläuterte Günther und verwies auf die Modellrechnung, die sein Institut auf Basis des Zensus 2011 und der Bevölkerungsentwicklung hochgerechnet hat. Demnach fehlten im Kreis Ende 2019 bereits 9600 Wohnungen oder 3,8 Prozent.
Siegel „Mein Fair-Mieter“
Künftig möchte das Pestel-Institut allen Beteiligten eine bessere Orientierung bei Wohnungsangeboten bieten und hat dazu jetzt ein Mieter-Gütesiegel aufgelegt. Unter dem Titel „Mein Fair-Mieter“ soll das Wohnungsmarkt-Label Auskunft über die soziale Verantwortung von Vermietern geben. Matthias Günther nennt es einen „Sozialkompass für den Wohnungsmarkt“. Ein Schwerpunkt des Gütesiegels werde in der Schaffung von Markttransparenz gesehen. Mehr Infos dazu gibt es unter www.meinfairmieter.de im Internet. Corinna Meinke