Weilheim · Lenningen · Umland
Die Schafe wohnen links, die Ziegen rechts

Saisonende Das Freilichtmuseum in Beuren hat seine Pforten für Besucher geschlossen. An Winterschlaf ist jedoch nicht zu denken, es gibt auch an den kalten Tagen jede Menge zu tun. Von Thomas Krytzner  

Die letzten Gäste sind verabschiedet, die Türen fest verschlossen. Jetzt könnten sich die Museumsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter auf einen langen und verdienten Winterurlaub freuen. Denkste! „Wir fliegen nicht, wie es aus der Gerüchteküche tönt, in die Karibik, wenn das Museum zu ist“, witzelt Daniel Kondratiuk, der seit elf Jahren im Freilichtmuseum für Veranstaltungen, Führungen und Vermietungen verantwortlich ist. Weil sich aber während des Winterhalbjahres keine Besucher auf dem Museumsgelände aufhalten, werden die Arbeiten kaum wahrgenommen. Diese beginnen bereits im Eingangsgebäude: „Die Kassenmitarbeiterinnen führen nach Saisonende die Inventur durch und bekommen so den Überblick, welche Bücher noch da sind und was nachbestellt werden muss“, erklärt Daniel Kondratiuk. Im „Lädle“, das während der Saison von Dienstag bis Sonntag das Personal des Fördervereins betreibt, wird das Sortiment unter die Lupe genommen.

 

Aus dem Schnittgut der Obstbäume fertigen wir Grähle.
Daniel Kondratiuk über die Nachhaltigkeit im Museum

Im Haus aus Öschelbronn, das gleich beim Eingang steht, gibt es in diesem Winter eine Änderung gegenüber den Vorjahren. „Wir beteiligen uns an den Sparmaßnahmen. Aus diesem Grund finden im Hopfensaal während des Winters keine Veranstaltungen statt“, präzisiert Daniel Kondratiuk. Es gibt weitere Gründe, warum das Freilichtmuseum nicht dauerhaft für die Besucher geöffnet bleibt. „Der Winter ist für uns wichtig, um erfolgreich in die neue Saison zu starten“, erklärt Museumsleiterin Steffi Cornelius. Das Winterhalbjahr werde für Instandsetzungsarbeiten in den 25 Gebäuden genutzt. „Diese stehen teilweise seit 26 Jahren im Museum, da fallen einige Arbeiten an“, betont die Museumsleiterin. Außerdem sei es im Winter in den Gebäuden richtig kalt, ergänzt Daniel Kondratiuk: „Es gibt keine Heizungen.“ Während der Winterpause werden zudem die Holzböden in den Gebäuden geschont. „Das Gemisch aus Kiesel, Nässe und Schnee, das in die Häuser getragen werden würde, würde die Böden zerkratzen“, erklärt der Museumsmitarbeiter. Dazu komme, dass die Wegesicherungspflicht über den Winter vom Personal nicht geleistet werden könne.

Den Specht ausgebremst

Mit Schnee und Eis haben die Tiere im Museum kein Problem. „Die Bienen verschlafen den Winter einfach in ihren Kästen im Bienenhaus“, beschreibt Daniel Kondratiuk die Gewohnheiten der fleißigen Insekten. Allerdings habe man das Bienenhaus gegen den Specht absichern müssen, erinnert er sich. „Dieser hat bei der Futtersuche nämlich Löcher in das Holzbienenhaus gepickt, um sich die schlafenden Bienen zu schnappen“. Die ausgeliehenen Kaninchen gehen meist zurück zu ihren Züchtern, sofern diese nicht eine andere Bestimmung für die Fellknäuel vorsehen. Die Schafe und Ziegen gehören dem Museum, und da gibt es eine langjährige Stallordnung: „Die Schafe wohnen im Schafstall aus Schlaitdorf links und die Ziegen rechts. Das ist immer schon so“, weiß Daniel Kondratiuk. Während die Schafe jederzeit die Möglichkeit haben, nach draußen zu gehen, ziehen es die Ziegen vor, im Trockenen zu bleiben. „Manchmal, an schönen Tagen, lassen wir aber auch die Ziegen während des Winters auf eine umzäunte Weidestelle“, ergänzt der Museumsmitarbeiter. Bei den Schafen, genauer gesagt den Merinoschafen – auch gerne Württemberger Schaf genannt – gibt es nur noch „Frauen“, wie Daniel Kondratiuk mit Augenzwinkern erklärt. „So können wir den Bestand steuern.“ Es gibt bei den Wolltieren noch eine Besonderheit: „Eines ist immer dunkler, weil jede Herde das schwarze Schaf braucht“, schmunzelt er. Die Hühner und Gänse verbringen die Museumspause in ihrem Winterquartier. Damit es allen Tieren im Museum gut geht, schaut jemand vom Museumsdienst regelmäßig vorbei und macht seine Runde, auch an den Feiertagen.

Gastronomie sonntags geöffnet

Während die Museumstiere mit wenig Pflege- und Hegepersonal auskommen, nehmen die mehr als 650 Streuobstbäume und das Gelände bedeutend mehr Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Anspruch. „Zum einen wird das Wintergetreide ausgesät und zum anderen schneiden wir alle Bäume zurück“, beschreibt Daniel Kondratiuk die zeitaufwändige, aber nachhaltige Winterpflege der Natur im Museum. „Das Schnittgut fahren wir nicht zu einer Sammelstelle für Grünmüll, sondern verarbeiten es zu Grähle“, betont der Museumsmitarbeiter. Zum Trocknen kommt das Holz in die Museumsverwaltung. Daniel Kondratiuk schwärmt: „Das ist bestes Anzündmaterial für unser historisches Backhaus aus Esslingen-Sulzgries.“ Begeistert berichtet er von der langjährigen Kooperation mit einer Lenninger Schule: „Die Kinder freuen sich immer, wenn sie für uns Grähle fertigen dürfen.“ Das Gartenteam betreut die Museumsgärten auch während der Wintermonate. „Da werden die Zäune kontrolliert und entschieden, was rausfällt oder neu gepflanzt wird. Freiwillige Helferinnen und Helfer sind gerne willkommen.“ Wie Daniel Kondratiuk bestätigt, versinken die Gebäude im Winterschlaf und der Strom wird ausgeschaltet. Dem Personal vom Museumsdienst wird es trotzdem nicht langweilig: „Die Häuser sind irgendwie nie zu 100 Prozent dicht. Da gibt es immer eine Stelle, die geflickt werden muss.“

Nach der Saison ist vor der Saison

Im Museum laufen bereits erste Vorbereitung für die Wiedereröffnung am 2. April 2023. Ganz oben auf der Liste steht bei Museumsleiterin Steffi Cornelius die neue Veranstaltungsbroschüre. „Wir haben festgestellt, dass das ausführliche Programm bei den Gästen sehr beliebt ist und schon mehrfach nachgefragt wurde“, erklärt sie. Die neue Broschüre soll an der Urlaubsmesse CMT in Stuttgart, die Mitte Januar 2023 startet, vorgestellt werden.

Zufrieden ist Steffi Cornelius, dass die Schwerpunktveranstaltungen in der jetzt beendeten Saison wieder stattfinden konnten. „Die Stimmung unter den Museumsgästen war gut. Sie haben sich gefreut, durch das Gelände zu flanieren und sich an den Mitmachaktionen zu beteiligen“, betont die Museumsleiterin. Für sie persönlich sei die Veranstaltung zum „Tag des Handwerks“ sehr beeindruckend gewesen. „Die Innungen präsentierten ihr Handwerk spannend und das Zuschauerinteresse war groß.“

Gefeiert wird im Freilichtmuseum in der kommenden Saison. „Der Landkreis Esslingen feiert sein 50-jähriges Bestehen in den Sommermonaten im Museum“, verrät Daniel Kondratiuk. Des Weiteren erstrahle das eingerüstete Rathaus aus Häslach in neuem Glanz. Einen kleinen Lichtblick gibt es für die ganz wehmütigen Museumsgäste, wie Daniel Kondratiuk betont: „Die Museumsgastronomie ist während der Wintermonate jeweils am Sonntag von 9 bis 18 Uhr geöffnet.“   kry