Noch nie, sagt Esslingens Oberbürgermeister Matthias Klopfer, sei ihm das Schreiben einer Haushaltsrede so schwergefallen wie in diesem Jahr. Für die Rathaus-Mitarbeitenden ist das Mitleiden ihres Chefs vermutlich nur ein schwacher Trost: In der Stadtverwaltung wird es einen massiven Stellenabbau geben. Bis 2030 sollen etwa 200 Arbeitsplätze wegfallen.
Panik ist ein schlechter Ratgeber und führt nicht zu guten Entscheidungen.
Ingo Rust, Finanzbürgermeister der Stadt Esslingen
In einem Vorab-Pressegespräch im Vorfeld der Haushaltsdebatten im Gemeinderat am Montagabend informierte die Rathausspitze über den anstehenden Kahlschlag beim Personal: In den kommenden beiden Jahren werden gut 60 Stellen in der Verwaltung wegfallen. 2028 und 2029 sollen noch einmal an die 125 Arbeitsplätze gestrichen werden. Insgesamt spricht Klopfer von gut 188 Vollzeitstellen weniger. Die Zahl der insgesamt bei der Stadt Esslingen Beschäftigten gibt er mit ungefähr 2000 Menschen an.
Betriebsbedingte Kündigungen schließen Klopfer und Rust aus. Frei werdende Stelle sollen nicht nachbesetzt werden. Es gebe eine natürliche Fluktuation durch Eintritte in den Ruhestand, Arbeitsplatzwechsel oder berufliche Umorientierungen, die es auszunutzen gelte. In jedem Amt müssen laut Ingo Rust pauschal 1,5 Prozent der Stellen eingespart werden. Zusätzlich würden dann quer durch alle Abteilungen weitere Arbeitsplätze wegfallen.
Digitalisierung im Rathaus
Welche Einschränkungen es für die Einwohner durch den Sparkurs geben werde, könne noch nicht abgesehen werden, so die Rathausspitze. Der personelle Streichkurs solle möglichst durch den Abbau von Doppelstrukturen, die Nutzung von Synergieeffekten, ämterübergreifende Zusammenarbeit und effizientere Arbeitsweisen abgefedert werden, so Sozialbürgermeister Yalcin Bayraktar. Auch der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) und eine verstärkte Digitalisierung sollen die Folgen möglichst gering halten.
An manchen Stellen werde es aber Einschränkungen geben, so Ingo Rust. Verabschieden müssten sich die Bürger wohl von manchen „Nice-to-haves“ – jenen Schmankerln also, die willkommene Ergänzungen darstellten, aber nicht zwingend erforderlich seien, etwa engere Bustaktungen oder einen kostenlosen Bustransfer an bestimmten Veranstaltungstagen.
Alle Kommunen stehen unter einem Sparzwang.
Matthias Klopfer, Oberbürgermeister der Stadt Esslingen
Zwei Mitarbeitergruppen bleiben laut Klopfer vom Rotstift verschont. Die Azubis seien im sicheren Bereich: „Hier sparen wir nicht. Sie sind unsere Zukunft.“ Etwa 400 Auszubildende, auch in der Pflege, stünden in städtischen Diensten. Zudem würden Stellen, die zu mindestens 75 Prozent von dritten Stellen wie dem Landkreis oder dem Land finanziert würden, nicht angetastet, so der Stadtchef.
Esslingen bildet keine Ausnahme
Zum Hintergrund des Streichkonzerts macht Ingo Rust eine einfache Rechnung auf: Die Einnahmen der Stadt, die sich aus der Gewerbesteuer speisen würden, würden stagnieren, die Ausgaben aber stetig steigen. In den Vorjahren hätten die Kostenstellen durch boomende Einnahmen ausgeglichen werden können – nun sei das auch mit Blick auf die sich immer mehr eintrübende Wirtschaftslage nicht mehr möglich. Oberbürgermeister Klopfer verweist auf die allgemein schlechte Finanzlage aller Städte – Esslingen bilde da keine Ausnahme: „Alle Kommunen stehen unter einem Sparzwang.“
Einsparungen beim Personal sollen das schlaffe Stadtsäckel wieder etwas straffen. In den kommenden beiden Jahren, also im Zeitraum des Doppelhaushaltes 2026 und 2027, werden laut Ingo Rust grundsätzlich keine neuen Stellen geschaffen. Durch das Stellen-Streichkonzert sollen Kosten in Höhe von 4,4 Millionen Euro eingespart werden. Das seien rund sechs Prozent der Personalausgaben. Auch bei den Sachkosten werde der Rotstift im Doppelhaushalt 2026 und 2027 angesetzt, so der Finanzbürgermeister: Insgesamt sollen 4,6 Millionen Euro eingespart werden. An welchen Positionen das geschehen wird, müsse auch in Absprache mit dem Gemeinderat geklärt werden. Mindestens bis 2030 geht der Sparkurs laut Rust weiter: Insgesamt sind Sachkosteneinsparungen von rund 11,3 Millionen Euro vorgesehen.
Kein Stillstand bei den Projekten
Dem massiven personellen Eingriff soll aber kein Kahlschlag bei den städtischen Projekten folgen, beruhigt Baubürgermeister Hans-Georg Sigel. Die Umgestaltung des Esslinger Marktplatzes bis zum Stadtjubiläum 2027, die Arbeiten an der Pliensaubrücke und an der Schelztorhalle würden wie vorgesehen erledigt. Auch die Pläne für die Bücherei seien bereits finanziert, ergänzt Ingo Rust. Ob sie nun am alten Standort in der Heugasse verbleibe oder in das ehemalige Kögel-Gebäude umziehe, sei dabei egal. Die Kosten seien in etwa gleich.

