Verkehr
Die Steige als illegale Rennstrecke

Zum Start der Motorradsaison häufen sich Beschwerden im Neuffener Rathaus über rücksichtsloses Fahren und Lärm. Doch die Stadt ist machtlos. 

Während die einen mehr Kontrollen an der Neuffener Steige fordern, appelliert Bürgermeister Matthias Bäcker an die Einsicht der Biker und hofft in Zukunft auf mehr Rücksichtnahme. Foto: stock.adobe.com

Was auf den Videos zu sehen ist, verschlägt einem die Sprache: Ein Fahrradfahrer fährt in Richtung Neuffen. Den Spadelsberg lässt er links liegen, die Steige hinter sich. Drei Motorradfahrer scharen sich um ihn. Einer von ihnen fährt fast an seinem Hinterrad. Ein weiterer knapp rechts neben ihm. Dann kommt Gegenverkehr. Als ein weißer Transporter fast auf der Höhe der Gruppe ist, macht das Motorrad rechts neben dem Radler eine plötzliche Bewegung nach links und scheint den Fahrradfahrer auf die andere Fahrspur, vor den Wagen, abdrängen zu wollen.

Einige Meter weiter ein ähnliches Bild. Ein Traktor fährt auf der linken Spur, einer der Motorrad-Fahrer knapp rechts neben dem Radler. Als sich der Traktor der Gruppe nähert, zieht eines der Motorräder nach links, fährt sogar sein Bein aus, als wolle er den Radler in den Gegenverkehr drängen.

„Es wird immer schlimmer“, sagt Raffael Bachofer. Der betroffene Radler auf den Videos ist ein Freund von ihm. Wie er ist auch Bachofer passionierter Radfahrer. Die Neuffener Steige bezeichnet er als seinen „Trainings-Berg“. Der gefilmte Vorfall wurde mittlerweile angezeigt. Und es ist nicht der einzige dieser Art.

Wenn die Tage länger werden, kann man das in Neuffen nicht nur sehen, sondern auch hören. „Die Motorradsaison hat unüberhörbar begonnen und dadurch auch der Motorradlärm über Neuffen“, so Bürgermeister Matthias Bäcker. Bei der Stadt gehen bereits seit einigen Wochen vermehrt Beschwerden deswegen ein. Denn der Lärm zieht vom Albaufstieg hinab ins Tal, und bei manchem Neuffener sozusagen direkt ins Wohnzimmer.

Viel tun kann die Stadt gegen das Problem nicht. Die Neuffener Steige ist eine Landesstraße. Verantwortlich ist damit der Kreis. Schon jetzt dürfen Motorräder dort von April bis Oktober weder am Wochenende noch an Feiertagen fahren. Dies bringe aber nur etwas, so Bäcker weiter, wenn durch die Polizei diese Sperrung auch kontrolliert wird und Verstöße gegen die Fahrverbote auch konsequent geahndet werden.

Elf Verkehrsunfälle mit Krafträdern gab es laut dem Reutlinger Polizeipräsidium seit 2023 auf der Neuffener Steige. Dabei wurden sieben Personen leicht und zwei schwer verletzt. Wie oft das Durchfahrtsverbot am Wochenende missachtet wurde, kann die Polizei nicht sagen. Dabei handelt es sich lediglich um eine Ordnungswidrigkeit. Darum führe man keine Statistik. Bei gutem Wetter kommen an einem Wochenende jedoch offenbar einige Verstöße zusammen. Erst am 5. und 6. April gingen der Polizei bei einer Kontrolle 33 Fahrer ins Netz. Mindestens 50 Euro Bußgeld kostet das die Biker.

Mit einer Petition wollen Betroffene nun die Lärmbelästigung und Gefährdung der Verkehrsteilnehmer stoppen. Knapp 450 Unterschriften sind bereits zusammengekommen. Eine ähnliche Petition hat das Landratsamt bereits in der Vergangenheit erreicht. Einige Anwohner wollten, dass die Steige auch unter der Woche für Motorräder gesperrt wird – vergebens. „Eine Ausweitung des Verbots ist derzeit nicht geplant“, antwortet das Straßenverkehrsamt des Kreises auf Anfrage.

Die Neuffener Steige sei im Landratsamt ein konstant präsentes Thema. „Hinsichtlich effektiver Überwachungsmaßnahmen sind die Möglichkeiten der Kreisverwaltung jedoch begrenzt“, heißt es. Die Kontrollen der Polizei bleiben unverzichtbar. Ebenso am Parkplatz Siebenlinden, der mittlerweile zu einem richtigen Biker-Treffpunkt geworden ist, wie ein Film zeigt, den ein Motorradfahrer auf seinem eigenen Instagram-Profil veröffentlicht hat. Polizei-Pressesprecher Christian Wörner: „Derzeit stehen wir in engem Kontakt mit der zuständigen Verkehrsbehörde und prüfen eine Nutzungsänderung des Parkplatzes, um dort einen längerfristigen Aufenthalt oder ein längeres Verweilen zu untersagen.“