Bissingen. Die Schwurgerichtskammer des Landgerichts Stuttgart hatte den Fall des Messerstechers aus Bissingen eigentlich auf mehrere Verhandlungstage angesetzt. Doch angesichts der Corona-Gefahrenlage werden Strafprozesse erheblich verkürzt durchgezogen. Gleich zu Beginn der Verhandlung teilte die Gerichtsvorsitzende nach Gesprächen mit der Staatsanwältin und der Verteidigerin mit, dass der Angeklagte mit einer Strafe im Bereich bis zu vier Jahren zu rechnen hat.
Der 30-jährige Angeklagte, Sohn eines Diplomingenieurs aus Bissingen, hatte in der Nacht zum 11. Oktober letzten Jahres mit seinem Vater einen Streit, bei dem es um Zigarettenrauch und Computerspiel-Lärm ging. Zuerst habe der Sohn den Vater zu Boden gestoßen, dann in den Arm gebissen und ihn dabei verletzt. Danach verließ er kurz das Elternhaus, kam aber wieder zurück und verletzte den noch am Boden liegenden Vater mit einem Teppichmesser mit Stichen und Schnitten am Hals und am Kinn. Dabei habe er den Tod des Vaters billigend in Kauf genommen.
Klinge brach ab
Die Staatsanwaltschaft stuft dies als ein Verbrechen des versuchten Totschlags mit gefährlicher Körperverletzung ein. Die Fotos, die gestern im Stuttgarter Gerichtssaal die Ärzte in Augenschein nahmen, sind aussagekräftig, mit einer tiefen Schnittwunde im Nacken und unter dem Kinn. Sie wurden als lebensgefährlich eingestuft. Weitere Stiche, so der Sohn, habe er nicht anbringen können, weil die Klinge des Messers abgebrochen sei. Anschließend sei er seine „große Runde“ Richtung Breitenstein gelaufen.
Am frühen Morgen des 11. Oktober kam der Angeklagte dann zurück zum Elternhaus nach Ochsenwang. Dort wartete bereits die Polizei auf ihn. Seine ersten Worte, gegenüber einem Beamten: „Ich habe im Affekt gehandelt.“ Jetzt im Gerichtssaal sagte er, dass er seinen Vater mit den Messerstichen nicht töten wollte. Er habe eine Flasche Bier und eine Flasche Doppelkorn getrunken. Auf die Frage, ob es ihm leid tue, wich der 30-Jährige aus.
Mit etwa dreieinhalb bis vier Jahren Haft, so der Hinweis der Schwurgerichtsvorsitzenden, werde diese Tat gesühnt werden müssen. Laut einem Sachverständigen-Gutachten hat der zur Tatzeit vorhandene Alkoholspiegel keine strafmildernde Wirkung. Vier Tage lang sollte der Prozess dauern. Das Urteil wird vermutlich schon deutlich früher gesprochen werden. Bernd Winckler