Schon seit Anfang März bietet sich morgens regelmäßig das gleiche Bild: Wo sonst die Teckbahn einladend bereitsteht, gähnen Schülerinnen und Schülern leere Gleise entgegen. Statt im warmen Zug auf die Abfahrt nach Kirchheim zu warten, harren Fahrgäste am Bahnhof in Oberlenningen in der Kälte aus. Woche um Woche pendeln wegen Personalmangels statt des roten Bähnchens meist Busse zwischen Oberlenningen und Kirchheim. Besonders unbefriedigend war die Situation, als zeitweise statt der Teckbahn nur ein Gelenkbus im Tal unterwegs war. Er bot zu Stoßzeiten nicht nur viel zu wenig Platz, sondern hielt auch den Takt nicht ein, so dass manch Pendler vom Anschlussbus mitunter nur noch die Rücklichter zu sehen bekam. Organisiert wurde der Gelenkbus über den Regionalverkehr Alb-Bodensee der Deutschen Bahn. „Das machen wir nur in Ausnahmefällen, unter anderem weil die Busse über keine Ampelsteuereinheit für das Lenninger Tal verfügen“, erklärt ein Sprecher der DB.
Schülerinnen und Schüler klagten, dass Busse, die zur ersten Stunde fahren, bereits in Lenningen voll waren. Vor allem in der Anfangszeit setzten sich Eltern etwa aus Owen ins Auto, um ihre Kinder, die an den Haltestellen stehen geblieben waren, in die Schule zu bringen. Der Blick in eine der Fahrplan-Apps gehört inzwischen zum morgendlichen Ritual vieler Familien im Lenninger Tal.
Der Bahnsprecher bezeichnet die Lage indes als „sehr dynamisch“. Wie viele Triebwagenführer jeweils zur Verfügung stehen, sei oft erst kurzfristig klar. Neben Ausfällen durch Covid meldet sich derzeit viel Personal auch wegen „normaler“ Erkältungen krank. Den Fahrplan abzuspecken, sei eine Möglichkeit. Busse einzusetzen, die für die Teckbahn einspringen, die andere. Für Letzteres hat sich die Bahn entschieden. Sie ist es auch, die den Ersatz anfordert. Dass die Teckbahn immer wieder lahmgelegt wird, erklärt der Sprecher unter anderem damit, dass sich nicht jeder Lokführer in jedem Zug einsetzen lasse.
Aus der Patsche hilft der Bahn im Lenninger Tal überwiegend die Firma Fischer-Omnibusreisen aus Weilheim. „Bislang haben wir immer zwei Busse geschickt“, sagt die Geschäftsführerin Sybille Bauer. So viel habe die Bahn bestellt. Trotz Nachhakens ihrerseits hätten ihr die Busfahrer nicht von Problemen berichtet. „Bei uns sind keine negativen Rückmeldungen angekommen“, versichert Sybille Bauer.
Massive Beschwerden liefen dagegen im Lenninger Rathaus auf. Vergangene Woche hatte sich Bürgermeister Michael Schlecht an den Verband Region Stuttgart gewandt und den „katastrophalen Betrieb der Teckbahn“ und den „völlig unbefriedigenden“ Ersatzverkehr angeprangert. Er forderte die Rückkehr zum Normalbetrieb und die rechtzeitige Information der Nutzer. Eine Störmeldung auf der Homepage beziehungsweise auf Apps reiche nicht aus.
Seit Mittwoch schickt Sybille Bauer nun zu den stark frequentierten Zeiten drei Busse. Entgegen kommt ihr derzeit, dass Busreisen noch nicht in vollem Umfang stattfinden. Für den Pendelverkehr im Lenninger Tal kurzfristig Fahrer zu aktivieren, die bereit sind, für eine Stunde zu arbeiten, sei dennoch nicht einfach.
Der Bahnsprecher wagt derweil die vorsichtige Prognose, dass die Teckbahn in der kommenden Woche wieder verlässlicher durchs Tal rollt. Zahlreiche Lokführer hätten sich gesund gemeldet.
Infos darüber, ob die Teckbahn fährt, finden sich etwa auf reiseauskunft.bahn.de.
Kommentar von Anke Kirsammer
zum Ausfall der Teckbahn
Es ist immer wieder das Gleiche: Fehlen Lokführer, landet die Teckbahn auf dem Abstellgleis. Verständlich ist, dass sich das Bähnchen, das maximal 300 Leute transportiert, leichter ersetzen lässt als eine S-Bahn im Ballungsraum. Aber wenn der Zug zwischen Lenningen und Kirchheim lahmgelegt ist, muss eine ordentliche Lösung her. Es kann nicht sein, dass sich Berufspendler und Schülerinnen und Schüler in überfüllte Busse quetschen müssen, zu spät in die Schule kommen, Anschlussbusse nicht erreichen oder gezwungen sind, kurzfristig ein „Elterntaxi“ zu organisieren.
Die Bahn muss wissen, wie viele Fahrgäste sie hat und ein Alternativangebot machen, wenn auf der Schiene nichts geht. Dass ausgerechnet in ihrer Verantwortung nur ein einziger Gelenkbus unterwegs war, der das Chaos perfekt machte, spricht Bände.
Längst kann man auf Erfahrungen zurückgreifen, ist es doch nicht das erste Mal, dass die Teckbahn ausfällt. Dass es zumindest morgens um 7 drei Busse braucht, hat sich immer wieder gezeigt. Warum stets aufs Neue getestet wird, ob es auch mit weniger Kapazitäten geht, ist völlig unverständlich.
Die Pandemie ist nicht vorbei. Ein Blick auf den Krankenstand der Lokführer sollte genügen. Pendlerinnen und Pendlern zuzumuten, in Zeiten hoher Infektionszahlen dicht an dicht zur Schule oder zur Arbeit zu fahren, ist unverantwortlich. Und sind die Kinder und Jugendlichen nicht die Erwachsenen von morgen? Wenn der ÖPNV nicht selbst auf dem Abstellgleis landen soll, muss er attraktiv sein – egal, ob auf der Schiene oder der Straße.