Zwischen Neckar und Alb
Die Thermen stehen alle unter finanziellem Druck

Freizeit Die Heilbäder im Südwesten leiden stark unter den Auswirkungen der Pandemie, in einigen sind die Besucherzahlen um bis zu 80 Prozent eingebrochen. Von Lutz Selle

Die Coronakrise setzt der Panorama-Therme Beuren zu. Schon im ersten Pandemiejahr 2020 verzeichnete die Einrichtung einen Verlust von 1,6 Millionen Euro, wie kürzlich im Gemeinderat mitgeteilt worden war. Ähnlich ergeht es anderen Thermen im Südwesten, wie eine Umfrage des Heilbäderverbandes Baden-Württemberg zeigt. „Man sieht, dass Beuren mit der aktuellen Situation nicht alleine ist“, sagt Beurens Bürgermeister Daniel Gluiber mit Blick auf auf die Ergebnisse der Befragung von 24 Einrichtungen zur Situation im Januar 2022. Demnach ist nur für knapp die Hälfte der Heilbäder eine dauerhafte Schließung kein Thema.

„Andere Thermen haben auch Probleme, mit den Folgen der Pandemie umzugehen“, schlussfolgert Gluiber. Bei den privat betriebenen Thermen sei das Risiko, dass es „zu einer betrieblichen Schließung“ kommt, sogar noch höher als bei der Panorama-Therme, bei der die Gemeinde Beuren eintreten muss. Diese kämpft weiterhin um eine finanzielle Unterstützung durch das Land Baden-Württemberg. Und inzwischen hat sich auch der Heilbäderverband mit einem eigenen Hilferuf für die Thermen an die Politik gewandt. „Es laufen Gespräche in Stuttgart“, so Gluiber. Das bekomme er immer mal wieder von Landtagsabgeordneten zurückgemeldet. Die Parlamentarier aus der Region engagierten sich allesamt für die Panorama-Therme, so Gluiber.

Die Besucherzahlen bewegten sich bei der Panorama-Therme in Beuren zwar wieder in eine gute Richtung. Für eine Rettung aus der verfahrenen finanziellen Situation reichten sie aber noch nicht aus. So verzeichnete der Bürgermeister, der zugleich Kurdirektor ist, kürzlich an einem Wochenende 2156 Besucher. An den Wochentagen seien es knapp 1000. „Wir sollten unter der Woche auf über 1500 und am Wochenende über 3000 Besucher kommen“, erklärt Gluiber. Ihm ist aber bewusst, dass auch die geltende Zugangsbeschränkung mit 3G eine Rolle spielt. Zudem dürfen zurzeit nicht mehr als 600 Gäste gleichzeitig in der Therme sein. Vor Corona waren 900 erlaubt.

Mehr Hilfen des Landes

Die anderen Thermen in Baden-Württemberg haben dieselben Sorgen. So sind im mittlerweile dritten Pandemie-Jahr die Besuchszahlen im Durchschnitt auf etwa ein Drittel des Niveau vor der Pandemie gesunken. Teils liegen die Einbrüche der Besucherzahlen sogar bei 80 Prozent.

Die Thermen des Landes beziffern die Umsatzverluste auf durchschnittlich vier Millionen Euro. In Einzelfällen liegen sie sogar über zehn Millionen Euro. Die Hilfen des Landes decken bisher im Schnitt nur 28 Prozent der entstandenen Umsatzverluste ab. Heilbäderverbandspräsident Fritz Link fordert „zukunftsfähige Investitionspakete von der Landespolitik, die einen vorausschauenden Weg aus der Krise ermöglichen“.

Zu den häufigsten Gründen, warum die Menschen zuletzt keine Thermen besuchten, zählen die Angst vor Ansteckung mit Corona sowie die Unsicherheit, ob alle erforderlichen Impf- und Testnachweise für einen Besuch in der Therme vorliegen. Der Heilbäderverband Baden-Württemberg formuliert als wichtigstes Ziel, weiterhin sicherzustellen, dass alle Thermen gut aus der Krise kommen und ihrer wichtigen Magnetfunktion und gesundheitspolitischen Aufgabe für die Gäste in den Heilbädern und Kurorten des Landes nachkommen. Deshalb formuliert der Verband klare Forderungen an die Politik. „Allem voran steht die Forderung nach Investitionsprogrammen für die Thermen, unabhängig von deren Trägerschaft“, so Link. Zudem bitten die Thermen um steuerliche Ermäßigungen. „Würde der Fiskus dann noch auf die Rückzahlungen aus 2020 verzichten, wären die Unsicherheit und Ängste nicht so groß“, erklärt der Präsident des Heilbäderverbands.

Neben finanziellen Entlastungen wünschen sich die Einrichtungen ausreichend Vorlauf bei Änderungen der Verordnungen sowie die Abschaffung der Zugangsreglementierungen. Auch die Belegschaften der Thermen bangen um ihre Existenz. Bei einigen Bädern ist nach wie vor die Hälfte der Belegschaft in Kurzarbeit. 21 Prozent der Thermenbetreibenden berichten über pandemiebedingte Abwanderungen des Personals in krisensicherere Branchen. Durch die Tatsache, dass einige der Thermen derzeit niemand einstellen und mehr als die Hälfte keine Ausbildungsplätze anbieten, bleibt es fraglich, wie die Zeit nach der Pandemie personell gemeistert werden kann.

 

Zu hohe Kosten, zu wenig Ertrag

Verlust: Der Gemeinderat Beuren hat beim Jahresabschluss der Panorama-Therme für 2020 Erträge von fünf Millionen und Aufwendungen in Höhe von 6,6 Millionen festgestellt. Das ergibt einen Verlust von 1,6 Millionen Euro. „Der Jahresverlust 2020 wäre ohne die Bundes- und Landeszuschüsse deutlich höher“, sagt Beurens Kämmerer Markus Walter.

Reaktion: „Es ist für die Panorama-Therme die schwierigste Zeit in den 45 Jahren, seit es sie gibt“, sagt Bürgermeister Daniel Gluiber. Geplant seien Marketingmaßnahmen. Zudem werde unter anderem auch an Energieeinsparungen gearbeitet. lcs