In Ochsenwang ticken die Uhren anders. Deshalb ist die Albgemeinde hinterm Breitenstein nicht nur Lebensmittelpunkt für Heimatverwurzelte, sondern immer häufiger auch Rückzugsort für gestresste Städter. In der digitalen Welt unterscheiden sie sich kaum. Dort teilen beide das gleiche Schicksal: Sie sind immer mal wieder abgeschnitten von der Außenwelt. Zuletzt Ende September, als Internet und Festnetz-Telefone wieder einmal streikten. Im Funkloch liegt der Bissinger Teilort sowieso.
Geschichten, die in krassem Gegensatz stehen zu dem, was Politik und Wirtschaft gerne hätten: Die Region Stuttgart soll nach Berlin die zweite 5-G-Modellregion werden. Eine Grußadresse an die Automobil-Industrie entlang des Neckars und ihre Vision vom autonomen Fahren. Bis 2030 soll zudem jedes Unternehmen und 90 Prozent der Haushalte in der Region über einen Glasfaseranschluss verfügen.
Der Fahrplan steht, die kommunale Seite erhöht den Druck auf die Telekom als potenziellen Partner. Spätestens Anfang April wollen die fünf Landkreise in der Region und die Stadt Stuttgart mit dem Netzbetreiber einen verbindlichen Vertrag unterzeichnen. Bisher gibt es nur ein Versprechen: 1,1 Milliarden Euro will der Magenta-Riese bis 2030 in ein flächendeckendes Breitbandnetz investieren. 500 Millionen Euro soll die Region beisteuern. Die macht nun ihre Hausaufgaben: Der Esslinger Kreistag hat am Donnerstag der Gründung eines Zweckverbands zugestimmt, dem 43 der insgesamt 44 Städte und Gemeinden im Kreis angehören werden. Fünf solcher Zweckverbände in fünf Landkreisen der Region soll es noch vor Weihnachten geben. Ende Februar nächsten Jahres ist die Gründung einer regionalen Servicegesellschaft, die „Gigabit Region Stuttgart“, geplant, die dann direkt mit der Telekom verhandelt.
Für den Esslinger Landrat Heinz Eininger ist klar, dass die Sache nur vorangeht, wenn Städte und Gemeinden Druck machen und sich einig sind. „Die Telekom ist ein nur schwer manövrierbarer Tanker“, sagt Eininger, „der nicht leicht auf Kurs zu bringen ist.“ Als Reaktion auf die Anfang Juli ausgehandelte Absichtserklärung mit dem einstigen Staatskonzern hagelte es Kritik nicht nur von Stadtwerken und anderen Netzbetreibern, sondern auch aus der Politik. Die Telekom orientiere sich nur an der eigenen Rendite und halte sich nicht an Versprechen, war im Regionalparlament quer durch alle Fraktionen zu hören. Dass das zugesagte Milliardenpaket für eine flächendeckende Versorgung in der Region ausreiche, wird zudem bezweifelt.
Dennoch war die Telekom der einzige Anbieter, der in der Lage war, ein wirtschaftlich und zeitlich akzeptables Konzept anzubieten. Allerdings erst, als die Landkreise vor drei Jahren beschlossen, ein eigenes kommunales Netz zu planen und der Konzern hier plötzlich um sein Monopol fürchten musste, über das er de facto verfügt.