Holzmaden. Kurz vor dem Meldeschluss am Montag, 15. März, hat sich der vierte und ungewöhnlichste Kandidat um das Amt des Bürgermeisters in Holzmaden beworben. Ungewöhnlich deshalb, weil er die Urweltgemeinde gar nicht kennt. Der 34-jährige Samuel Speitelsbach aus dem Neckar-Odenwald-Kreis hat sich zudem gleich für drei weitere Gemeinden beworben, in denen am 14. März gewählt wird: Obersontheim, Kraichtal und Rot am See. „Die Leute müssen mehr nach Programm wählen“, sagt er, als ihn der Teckbote am Telefon erreicht.
Sein Programm hat es durchaus in sich: Eine eigene Handelswährung für die Gemeinde möchte er einführen, mit der Strom und Wasser bezahlt wird. Externe Euro-Einnahmen sollen zum Rückkauf der neuen Währung verwendet werden, damit ein Wechselkurs entsteht. Die Weltwirtschaft sieht der studierte Maschinenbauer vor dem Untergang. So habe der Euro als Währung ausgedient, weil er für 50 Prozent Arbeitslose in Europa gesorgt habe. Was das mit Holzmaden zu tun hat? „Man muss im Kleinen anfangen“, sagt er.
Außerdem will er die Krankenversicherung revolutionieren, wie er auf der Seite www.äeg.de erklärt. Das Kürzel steht für „Ärzte mit Grenzen“. Was Satire und was ernst gemeint ist, lässt sich bei Samuel Speitelsbach auf Anhieb nicht unterscheiden. Dass er auf einem Flyer vor einiger Zeit die Hitler-Geliebte Eva Braun als „einzigen Gott“ bezeichnet habe, sei zum Beispiel Satire gewesen, versichert er. Bestätigt hat Samuel Speitelsbach auf Nachfrage auch, dass er eine psychiatrische Einrichtung in Weinsberg auf einer Wahlveranstaltung als „Foltergefängnis“ bezeichnet hat. „Wir reden über Rassismus, aber sperren Menschen wegen genetischer Schäden weg“, sagt er.
Seit zwei Jahren ist der parteilose Kandidat in baden-württembergischen Gemeinden als Kandidat unterwegs. Unter anderem hatte er sich in Calw, Baiersbronn, Titisee-Neustadt, Adelsheim-Gutach, Murrhardt, Weinsberg und Waldenburg beworben. Er habe auch schon versucht, bei der AfD und der NPD einzutreten, dort habe man ihn aber nicht haben wollen. Ein Ende seiner politischen Bemühungen ist vorerst nicht in Sicht. „Ich bin gerade arbeitslos, weil ich als Bürgermeister kandidiert habe. Notgedrungen muss ich also weitermachen, da es für mich kein zurück mehr gibt“, schreibt er.
Für die Kandidatur in kleineren Gemeinden reicht übrigens eine Wählbarkeitsbescheinigung, die ein Alter zwischen 25 und 68 vorschreibt und ausschließt, dass sich jemand strafbar gemacht hat. Außerdem muss man Bürger der Europäischen Union sein. Unterschriftenlisten von Unterstützern sind bei einer Größenordnung wie Holzmaden nicht nötig.
Dass er mit seinen Ansichten aneckt, ist dem Kandidaten bewusst. „Sollen die Leute spotten, der Crash wird kommen, dann habe ich alle Chancen, gewählt zu werden. Besser wäre es, diesen zu verhindern“, schreibt er. Ob er zu einer Wahlveranstaltung Anfang März nach Holzmaden kommen würde, lässt er offen. Klar sagt er dagegen, was ihn mit der Urweltgemeinde verbindet: Nichts. „Allerdings müssen die Leute nur oft genug meinen Namen hören, damit ich ihnen vertraut werde, und das Vertraute wird gewählt. Darauf spekuliere ich!“ Thomas Zapp