Kirchheim/Lenningen. Die Vergewaltigungen und Körperverletzungen waren tatsächlich erfunden: Dies stellte jetzt das Stuttgarter Landgericht im Prozess gegen einen 22-jährigen türkischen Asylanwärter fest und sprach ihn von diesen Vorwürfen frei.
Die Straftaten, die sich zwischen September 2023 und Dezember 2024 teils in Kirchheim, teils auch in Lenningen ereignet haben sollen, waren von der Stuttgarter Staatsanwaltschaft in eine dicke Anklageschrift gegen den 22-Jährigen gefasst worden. Der Prozessauftakt war am 20. Mai dieses Jahres. Es ging um sexuelle Übergriffe gegen seine Freundin, um Bedrohungen und Vergewaltigungen. Allein zwölf Vergewaltigungen hatte der Staatsanwalt dem Mann vorgeworfen.
Zeugin nimmt Vorwürfe zurück
Der junge Türke, dessen Asylantrag das zuständige Landratsamt inzwischen abgelehnt hat, beteuerte an diesem ersten Verhandlungstag seine Unschuld. Er hatte gesagt, die angeblich vergewaltigte, bedrohte und verletzte junge Frau habe ihn selbst bedroht und ihm auch mitgeteilt, dass sie ihn aus Rache falsch beschuldigen werde. So war es dann nach den richterlichen Feststellungen auch. Die angeblich verletzte Frau hat im Zeugenstand kleinlaut ihre Vorwürfe gegen den Angeklagten zurückgenommen. Es habe alles gar nicht stattgefunden. Warum sie ihn aber fälschlicherweise beschuldigte, blieb im Dunkeln. Eifersucht sei im Spiel gewesen, hatte der Angeklagte gesagt.
Das Paar war offensichtlich von der Familie der Frau verlobt worden und die Hochzeit sei bereits terminiert gewesen. Dabei soll das angebliche Opfer ihn – den Angeklagten – wegen angeblicher anderer Beziehungen auf aggressive Weise beschimpft haben. In diesem Zusammenhang soll auch die Drohung einer falschen Vergewaltigung gefallen sein.
Anspruch auf Entschädigung
Der Angeklagte wurde von allen Vorwürfen vom Gericht freigesprochen. Mehr noch: Da er sich im Zeitraum zwischen 21. November 2024 und 20. Mai 2025 in Untersuchungshaft befand, hat er zudem Anspruch auf eine Haftentschädigung, falls er diese in Anspruch nehmen will, so der Gerichtsentscheid. Er war bereits an jenem 20. Mai in Freiheit gekommen, nachdem die „Verlobte“ die Vorwürfe nicht mehr aufrechterhielt.
Wie es mit der Frau weitergeht, ist nicht bekannt. Möglicherweise wird die Stuttgarter Staatsanwaltschaft sie wegen Freiheitsberaubung und falscher Anschuldigung zur Anklage bringen. Das Gesetz sieht hierzu Geldstrafen bis Freiheitsstrafen vor.

