Was soll das denn? Da gibt das Wirtschaftsministerium wie jedes Jahr für den Frauenwirtschaftstag ein Thema vor und in Kirchheim zeigen die Organisatorinnen einen Film aus dem Jahr 1975: „Die Frauen von Stepford“. Eine tolle Idee und ein super spannender Abend im alten Gewölbekeller der Volksbank - inklusive Sekt und Häppchen.
„Digitale Zukunft mit Frauen gestalten“ lautet das diesjährige Thema des Frauenwirtschaftstages konkret. Wie es umgesetzt wird, ist den Ortsgruppen wie immer selbst überlassen geblieben. „Oh Schreck, schon wieder quasi das gleiche Thema“, dachte sich Irmela Gaber, die Vorstandsvorsitzende des Netzwerks „Frauen unternehmen“ in Kirchheim. Im letzten Jahr hatten die Veranstalterinnen bereits eine hochkarätige Referentin und eine Podiumsdiskussion zum Thema „Chancen für Frauen in der digitalen Arbeitswelt“ organisiert. Da stellt sich für manche Besucherin die Frage, wieso sich die Damen in diesem Jahr für einen eher lockeren Filmabend entschieden haben.
Irmela Gaber erklärt, dass man ja sowieso nicht jedes Jahr die gleiche Veranstaltungsform wolle „und irgendwie kam der Vorschlag auf den Tisch, das dieses Jahr mit einem Augenzwinkern zu machen.“ Ein Kabarettist, der sich speziell auf das Thema einschießt, der war zu teuer. Der Film aus dem Jahr 1975 hat zwar nicht direkt mit Digitalisierung zu tun, aber es geht um Androide und Computerchips. Offensichtlich dachten die Menschen über dieses Thema schon vor über 40 Jahren nach!
Mit einem Augenzwinkern
„Also gut, dann machen wir das“, erzählt Irmela Gaber, „nicht ganz so ernst gemeint wie die Veranstaltung, die wir letztes Jahr gemacht haben.“ Der Frauenwirtschaftstag wird von Frauenverbänden, der Kirchheimer Wirtschaftsförderin, dem Arbeitsamt und Fortbildungseinrichtungen organisiert. Eine Netzwerkerin kennt passenderweise Jørn Precht von der Hochschule für Medien in Stuttgart. Er ist Professor für Storytelling und Narration, also professioneller Geschichten-Forscher, außerdem Drehbuchautor und Schriftsteller. Nur drei männliche Besucher des Abends werden gesichtet, aber etwa 40 Frauen lauschen Prechts Einführung zum Film gebannt und mit sichtlichem Vergnügen.
Es geht um das Frauenbild, das in diesem Film transportiert wird. Precht erinnert an Werbefilme aus den 50er-Jahren und zitiert den amüsanten Spruch aus einer Dr. Oetker-Werbung: „Eine Frau hat zwei Lebensfragen: Was soll ich anziehen, und was soll ich kochen?“ Alles, um den Mann an ihrer Seite glücklich zu machen, der schließlich verwöhnt werden will. Wer heute mal via Internet alte Werbefilme anschaut, der kann sich wie Jørn Precht darüber amüsieren, „wie dämlich doch solche alten Wunschvorstellungen waren.“
Per Brille auf die Raumstation
1972 hat sich der amerikanische Schriftsteller Ira Levin in einem Science-Fiction-Roman über die Zukunft der Frauen Gedanken gemacht. Was wäre denn, wenn sich die alte männliche Fantasie vom treu sorgenden und allzeit willigen Weibchen bis in alle Zukunft erhalten würde? Was wäre, wenn die Männer, die diese alten Frauenbilder noch haben, ganz viel Technik zur Verfügung hätten? Der Film zum Buch erschien 1975 mit Katherine Ross in der Hauptrolle. Sie wurde berühmt als jüngere der beiden Hauptfiguren in „Reifeprüfung“ mit Dustin Hoffmann.
Im Thriller „Die Frauen von Stepford“ gerät sie als Ehefrau und Mutter in eine bizarre Verschwörung. Die Geschichte beginnt relativ harmlos mit einem Umzug ins Kleinstädtchen Stepford. Die Frauen dort sind jedoch mehr als seltsam. Was haben die Männer mit diesen Frauen gemacht? Schließlich entdeckt Joanna das bitterböse Geheimnis. Dass das im weitesten Sinn mit „Digitalisierung“ zu tun hat, kann man sich denken.
Um dann das Thema des Abends in die Gegenwart zu holen, hat sich Veronika Erler vom Regionalbüro für berufliche Fortbildung in Esslingen einen besonderen Gag ausgedacht: Sie bringt eine VR- und eine AR-Brille mit, die Damen dürfen testen. Mit der „Virtual Reality“-Brille lässt es sich abtauchen in eine völlig andere Welt, zum Beispiel auf die Raumstation ISS. Die „Augmented Reality“-Brille zeigt das tatsächliche Zimmer, blendet aber zum Beispiel übers Smartphone Gegenstände, Figuren und andere digitale Elemente ein.
Real dagegen präsentiert sich das Büfett im Gewölbekeller im Anschluss an die Filmvorführung. In lockerer Runde unterhalten sich die Besucherinnen noch lange über Digitalisierung im Allgemeinen und den Film im Speziellen. Saskia Klinger, die Wirtschaftsförderin der Stadt Kirchheim, erklärt mit drei Schlagworten noch einmal das Ziel des Frauenwirtschaftstages: „Vernetzen, austauschen, informieren“. An diesem Tag soll Frauen bewusst gemacht werden, welch hohes Potenzial sie in der Wirtschaft haben. „Bei den Veranstaltungen gibt es natürlich einen harten Kern, aber es kommen auch immer neue Gesichter“, freut sich Saskia Klinger.