Ein verschlungener Waldweg, auf dem so mancher Stein, so manche Baumwurzel zu überwinden ist: Dieses Symbol wählte Thekla Schlör, Leiterin der Agentur für Arbeit in Göppingen, gestern bei einer Pressekonferenz zum Ausbildungsmarkt 2017/18 für den Prozess der Berufswahl: „Es handelt sich nicht um einen geradlinigen Weg. Manchmal braucht es Kurven, und man hat nicht immer ein klares Ziel vor Augen.“
An eine Wand mit diesem Motiv pinnte Schlör nach und nach Notizzettel, auf denen Stichworte und Zahlen zu lesen waren. Zum Beispiel stand da: „Beratungen 18 000“. Will heißen: Die Berufsberater der Agentur für Arbeit Göppingen, die für die Landkreise Esslingen und Göppingen zuständig sind, leisten jährlich etwa 18 000 Beratungen. Sie begleiten die jungen Leute, die auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz sind, damit diese den Weg nicht aus den Augen verlieren und das Ziel finden. Insgesamt gibt es bei der Göppinger Arbeitsagentur 40 Berufsberater an sechs Standorten. Diese gehen in die Schulen, sind dort bei berufsorientierten Veranstaltungen vertreten und bieten Sprechtage an.
Insgesamt haben im vergangenen Ausbildungsjahr 5 090 Bewerber zwischen 16 und 25 Jahren die Berufsberatung in Anspruch genommen. Das sind 100 weniger als im Vorjahr. Die Zahl der Ausbildungsstellen, die der Agentur gemeldet wurden, stieg um 296 auf 5 911 zum Ende des Ausbildungsjahres im September 2018. Eine gute Situation für die jungen Leute, wie Bettina Münz, stellvertretende Agenturleiterin, betonte. Der Markt biete beste Chancen und eine große Auswahl. 2 728 junge Menschen haben schließlich eine Ausbildung begonnen. 974 entschieden sich dafür, weiterhin eine Schule zu besuchen oder zu studieren, 112 wählten den Freiwilligendienst, 60 die Berufsvorbereitung und 257 eine Arbeitsstelle - mit letzterer Zahl sind die Verantwortlichen der Arbeitsagentur weniger glücklich. „Wir können die jungen Leute aber natürlich nicht zwingen“, erklärte Thekla Schlör.
Markus Knorpp, Teamleiter der Berufsberatung, ergänzte, dass momentan vor allem im Kreis Esslingen viele Arbeitgeber ein sehr gutes Gehalt für ungelernte Kräfte bezahlen. „Froh sind wir nicht darüber.“ Letztlich arbeiten viele der jungen Leute nur befristet auf dieser Basis, fügte er hinzu; „sie merken dann aber schnell, dass sie weiterkommen, wenn sie eine Ausbildung machen.“
Unversorgt blieben indes Ende September noch 46 junge Leute. 959 konnte die Arbeitsagentur nicht mehr erreichen. Die Kontaktversuche blieben unbeantwortet. Die Jugendlichen, die noch keinen Ausbildungsplatz gefunden haben, werden weiterhin betreut und haben Alternativangebote erhalten oder bereits zum Beispiel eine Qualifizierungsmaßnahme begonnen.
628 Ausbildungsstellen blieben zum 30. September unbesetzt, unter anderem in den Bereichen Handel, Verkauf, Gastgewerbe und Gesundheit. Das Ergebnis des Ausbildungsmarkts sei allerdings insgesamt zufriedenstellend, betonte Schlör. „Natürlich hätten wir gerne noch mehr junge Leute in eine Ausbildung gebracht.“ Doch letztlich könne die Agentur nur beraten, nicht verpflichten.
Ein Thema, das die Arbeitsagentur und die Unternehmen nach wie vor umtreibt, ist die Gewinnung von Fachkräften: „Betriebe können ihren Bedarf an Fachkräften nicht durch Ausbildung im eigenen Haus decken, weil sie nicht mehr die passenden Bewerber finden“, schilderte die Leiterin der Agentur für Arbeit. Hier zeige sich auch der ungebrochene Trend zu höheren Schulabschlüssen und zum Studium. „Beim Rennen um Bewerber müssen die Betriebe schnell und kreativ sein.“
Rund 350 Ausbildungsberufe gibt es insgesamt, wie Markus Knorpp, Teamleiter der Berufsberatung, erläuterte. Die „Top Ten“ der Berufswünsche sind seit Jahren dieselben: Ganz oben steht der Industriemechaniker, gefolgt vom Industriekaufmann und dem Kaufmann Büromanagement. „Oft konzentrieren sich junge Menschen auf einen sehr kleinen Ausschnitt des Ausbildungsmarkts“, bedauert Knorpp. „Klar zu machen, dass es darüber hinaus eine Vielzahl an Ausbildungsmöglichkeiten gibt, die beste Chancen bieten, ist unsere Aufgabe.“ Denn nur wenn die Jugendlichen alle Möglichkeiten kennen, könnten sie sich für den Beruf entscheiden, der am besten zu ihren Talenten und Stärken passe. hei