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Die Wiege der Feuerwehren

Feuerwehr Den Kreisfeuerwehrverband Esslingen-Nürtingen gibt es seit 50 Jahren. Die Historie der Feuerwehren in Württemberg und der Region reicht viel weiter zurück. Dazu ist jetzt eine Chronik erschienen. Von Katja Eisenhardt

Die Feuerwehr Kirchheim war 1909 mit ihrer Dampfspritze eine der am besten ausgestatteten Feuerwehren in Württemberg. Foto: pr

Gut 750 Seiten stark ist das Werk, das den Titel „In der Herzkammer unserer Feuerwehren“ trägt. Alfred Bidlingmaier aus Notzingen hat nebst weiterer Autoren den Großteil der Texte verfasst und ist zudem der Herausgeber.

In den drei Jahren der Entstehung hat Bidlingmaier diverse Archive durchforstet: „Ziel der Chronik ist es, das Wissen um die Entstehung und Entwicklung des Feuerwehrwesens an die nachfolgenden Generationen weiterzugeben“, sagt Alfred Bidlingmaier, „und zu vermitteln, wie das, was für uns heute selbstverständlich ist, gewachsen ist.“ Bei der Feuerwehr ist er selbst seit seinem elften Lebensjahr, war von 1983 bis 2008 Kommandant in seinem Heimatort, ist heute Ehrenkommandant und seit 2012 stellvertretender Vorsitzender des Kreisfeuerwehrverbands Esslingen-Nürtingen.

Anlässlich des 50-jährigen Bestehens der Feuerwehr Kirchheim gab 1899 eine Übung beim Gasthaus der Brauerei Sonne. Foto: pr

Bevor sich die Freiwilligen Feuerwehren im Land entwickelten, war laut mittelalterlicher Löschordnung jeder männliche Bürger zum Löschen eines Brandes verpflichtet: „Jedes Ehepaar musste einen Löscheimer besitzen“, weiß Alfred Bidlingmaier. Der Grundstein der Feuerwehren sei in Württemberg in der langen Regierungszeit (1816 – 1864) des „Reformer-Königs“ Wilhelm I. gelegt worden. Aus Untertanen wurden Bürger, der Dienst der Freiwilligkeit rückte in den Fokus. Auch die Kirche regte an, die christliche Nächstenliebe im täglichen Leben umzusetzen. „Das sind die Kernelemente der ehrenamtlichen Hilfe für den Nächsten in Not und so einer der Urgedanken der ehrenamtlichen Brandbekämpfung. ‚Einer für alle, alle für einen‘ und ‚Gott zur Ehr’, dem Nächsten zur Wehr‘‚ sind bis heute die Leitsätze unserer Freiwilligen Feuerwehren“, erklärt Alfred Bidlingmaier.

Die älteste Feuerwehr im Gebiet des heutigen Landkreises Esslingen war die 1847 ins Leben gerufene Werkfeuerwehr der damaligen Maschinenfabrik Eßlingen, die 1846 als Lokomotivenfabrik begründet wurde. Aufgrund der Arbeit mit leicht entzündlichen Rohstoffen und den neuen Energiequellen Dampf, Gas und Elektrizität wurde eine eigene Feuerwehr benötigt. Nur zwei Jahre später folgte in Kirchheim die Gründung der ersten kommunalen Feuerwehr, gefolgt von Esslingen 1852, Nürtingen 1856 und Plochingen 1860. „Die Kirchheimer Feuerwehr war eine treibende Kraft. 1877 waren in den 25 Ortschaften des Oberamts Kirchheim bereits 23 Feuerwehren mit 2020 Mitgliedern vorhanden“, berichtet Alfred Bidlingmaier. 

Alfred Bidlingmaier mit der Chronik zur Entstehung des Feuerwehrwesens im Land und der Region. Foto: Katja Eisenhardt

Bei der Gründung des Deutschen Feuerwehrverbands im Juli 1853 im Waldhornsaal in Plochingen – und nicht wie man eher vermuten mag in Berlin – war die Kirchheimer Wehr eine von zehn anwesenden Feuerwehren und zehn Jahre später mit 70 Mann die größte Abordnung bei der Gründung des Württembergischen Landesfeuerwehrverbands in Stuttgart.

Auf Bezirksebene entstanden 1911 der Esslinger Verband, 1919 der im Amtsoberamt Stuttgart und 1923 die Bezirksfeuerwehrverbände Kirchheim unter Teck und Nürtingen. 1939 wurden die Verbände allerdings aufgrund der reichsweiten Verfügung der Nationalsozialisten wieder aufgelöst. 

In den ersten Monaten nach Kriegsende waren die meisten Feuerwehren ohne Organisation, Führung und Übungsbetrieb. Dazu fehlte es an Ausrüstung. Ab 1946 formierten sich die meisten neu. 1952 wurde in Reichenbach an der Fils der Kreisfeuerwehrverband Esslingen neu gegründet, sieben Jahre später folgte der Nürtinger. Im Zuge der Kreisreform 1973 formierte sich schließlich der gemeinsame Kreisfeuerwehrverband Esslingen-Nürtingen.

 

50 Jahre gemeinsam gut aufgestellt

Gemeinschaft. Der Kreisfeuerwehrverband Esslingen-Nürtingen e. V. ist als Dachverband heute zuständig für über 6600 Feuer­wehrangehörige in 44 Feuerwehren, 83 Abteilungen und sieben Werkfeuerwehren des Landkreises. Damit zählt er zu den größten Verbänden in Baden-Württemberg. Vorsitzender ist seit 2022 der Holzmade­ner Bürgermeister Florian Schepp. Seine Stellvertreter sind Alfred Bidlingmaier, Ehrenkommandant der Feuerwehr Notzingen, Jochen Thorns, Stadtbrandmeister der Feuerwehr Filderstadt, und Bernd Streicher, ehemaliger Kommandant der Feuerwehr Frickenhaus​​en.

Nachwuchs. In den 50er- und 60er-Jahren wurden die ersten Jugendfeuerwehren in Nürtingen, Kirchheim und Notzingen gegründet. Seit 2006 sind die Kinderfeuerwehren ein weiterer Baustein der Nachwuchsgewinnung. Notzingen war hier mit der ersten Gruppe Baden-Württembergs der Vorreiter.

Chronik. Das Buch „In der Herzkammer ­unserer Feuerwehren“ kann man zum Preis von 36,00 Euro beim Kreisfeuerwehrverband über die ​E-Mail-Adresse kasse@kfv-esnt.de bestellen oder im Rathaus Holzmaden zu den Öffnungszeiten bekommen. eis