Es wird Windkraftanlagen in Römerstein geben, ist Rolf Böhringer sicher. Er ist nicht nur Geschäftsführer von Alb-Naturenergie, sondern auch Vorsitzender des Verbundes der Erzeuger erneuerbaren Energien. „Wir werden nicht umhinkommen, Windanlagen auf der Alb zu realisieren“, sagt er. Mit dem Klimaschutzplan 2050 setzt die Bundesregierung unter anderem auf erneuerbare Energien, um bis 2050 ein weitgehend treibhausgasneutrales Deutschland zu erlangen. Um dieses Ziel zu erreichen, müssten 65 000 neue Windkraftanlagen gebaut werden. „In Römerstein werden daher Anlagen kommen. Die Frage ist, ob die Römersteiner mitbestimmen oder nicht“, spricht der Geschäftsführer einen möglichen Zwang vonseiten der Regierung an. Es habe schon Überlegungen gegeben, dass der Regionalverband Gebiete ausweist.
Ideale Voraussetzungen
„Römerstein kann sich nicht weigern. Wir sind es den nachfolgenden Generationen schuldig, den Ausbau von erneuerbaren Energieformen wie Photovoltaik und Wind zu fördern“, so Böhringer. Die Albhochfläche biete ideale Voraussetzungen für Windkraft. Er hat zwei bevorzugte Regionen: Ost- bis West-Alb und Schwarzwald. Beide Höhenzüge seien prädestiniert. Um eine Windenergieanlage wirtschaftlich zu betreiben, wird auf Nabenhöhe eine Windstärke von etwa 5,8 Meter pro Sekunde (m/s) benötigt. „In Römerstein haben wir 6,8“, erläutert er. Damit liegt die Gemeinde zwar in einer Schwachwindregion, doch das sei kein Problem.
Eine Schwachwindregion
Schwachwindregionen sind Lagen mit niedrigen mittleren Windgeschwindigkeiten unterhalb von 7,5 m/s. Dafür gibt es Schwachwindanlagen. Die sind höher und haben einen größeren Rotordurchmesser als Starkwindanlagen. In Römerstein empfiehlt Rolf Böhringer Anlagen mit einer Nabenhöhe zwischen 140 und 160 Metern und einem Rotordurchmesser von bis zu 150 Metern. Das sei eine Standardgröße für diesen Breitengrad. Im Norden oder auf offener See werden andere Größen benötigt. Doch genau die Größe ist ein Kritikpunkt der Windkraft-Gegner in Römerstein. „Wir legen Wert darauf, nördlich von Kommunen zu bauen. So gibt es keinen Schatten durch die Anlagen“, sagt der Fachmann. Sowohl die Größe als auch der Flächenverbrauch von zirka 0,3 bis 0,4 Hektar inklusive Zufahrt sind für ihn verschmerzbar in Anbetracht der Leistung, die solche Windräder bringen können, da eine Biogasanlage etwa 200 Hektar benötige. „Mit einer Windkraftanlage können etwa 2850 Haushalte à vier Personen versorgt werden. Bereits eine ,0,34 Anlage‘ reicht also schon aus, um ganz Römerstein mit genügend Strom zu versorgen“, erklärt Böhringer.
Schutz des Rotmilans
Ein weiterer Kritikpunkt ist die Gefährdung von Vögeln. Vor allem der Schutz des Rotmilans wird immer wieder als Argument gegen Windkraftanlagen genannt. Für Rolf Böhringer ist diese Kritik überholt. Vögel würden sich schnell an ein neues Umfeld gewöhnen und die Rotorblätter den Rotmilan deshalb nicht gefährden, weil die Spitze des Rotorblatts mindestens 40 bis 50 Meter vom Boden entfernt ist. Ein EU-Forschungsprojekt habe herausgefunden, dass Greifvögel äußerst selten durch Windräder sterben. Seit zwei Jahren würden für eine EU-Kommission Daten über den Rotmilan gesammelt. Die Deutsche Wildtier Stiftung kritisiert dagegen den geplanten Ausbau der Windenergie. „In den für Windparks geeigneten Hochlagen finden sich vielfach wertvolle, alte und naturnahe Waldbestände, die ein Garant der biologischen Vielfalt sind“, schreibt die Stiftung. Diese Gebiete und deren Bewohner gelte es, als Tabuzone zu schützen. „Deswegen gibt es die Möglichkeit, Anlagen beispielsweise früh morgens von April bis September auszuschalten“, entgegnet Böhringer. Das seien Zeiten, in denen Mäuse, eine Nahrungsquelle vieler Vögel, herauskommen. Selbst der BUND sei Befürworter von Windenergie. „Wir müssen Ansätze finden, die Klimaerwärmung zu stoppen“, argumentiert Böhringer.
50 Millionen Euro-Invest
Seine Firma hat eine Flächenuntersuchung in Römerstein durchgeführt. Für das Unternehmen kommen drei Standorte infrage. Pro Standort kann sich Böhringer drei bis vier Anlagen vorstellen, da Römerstein prädestiniert für Windparks sei. Wo genau diese Parks entstehen könnten, will er allerdings noch nicht sagen, nur so viel: „Der von Bürgermeisterin Anja Sauer anvisierte Truppenübungsplatz gehört nicht dazu. Er hofft auf eine Zusammenarbeit mit ihr. Wenn es nach ìhm geht, könnten sich schon 2025 die ersten Windräder in Römerstein drehen. Dafür ist das Unternehmen bereit, etwa 50 Millionen Euro zu investieren. Darin inbegriffen sind der Leistungsnetz- und Wegeausbau, der Bau der Anlagen sowie diverse Gutachten, die nötig sind, um möglichen Klagen standzuhalten. Böhringer hofft, dass sich die Genehmigungszeit mit dem geänderten Widerspruchsverfahren verringert.
Weiteres Potenzial
Ein weiterer Anreiz für die Gemeinde Römerstein könnten die Finanzen sein: Pro eingespeister Kilowattstunde erhält die Kommune 0,02 Cent von den Betreibern, also rund 20 000 Euro pro Anlage. Doch nicht nur beim Thema Windenergie sieht der Geschäftsführer Potenzial in Römerstein. „Die Gemeinde sollte Photovoltaik-Anlagen weiter fördern“, sagt er. Im Sommer gebe es ideale Wetterbedingungen, im Winter drücke der Schnee zwar die Leistung, doch die Anlagen seien dennoch ertragreich. Allerdings reicht für Böhringer nicht die Bestückung von Gebäuden aus. „Wir werden die Energiewende nicht ohne frei stehende PV-Anlagen schaffen“, ist er überzeugt. Römerstein könne auch Modellgemeinde für Wasserstoff werden. Ein möglicher Standort wäre beim Steinbruch Zainingen möglich. „Römerstein hat bewiesen, dass es Vorreiter sein kann – beispielsweise beim Nahwärmenetz. Da waren sie der Zeit weit voraus“, lobt Böhringer.