Weilheim und Umgebung
„Dieses Konzert ist ein Geschenk“

Musik Die Singer-Songwriterin Claudia Pohel bestritt ihr erstes Konzert nach Corona auf der Kapuzinerbühne Weilheim. Das Publikum war begeistert. Von Patricia Jeanette Moser

Gemütlichkeit machte sich breit an diesem lauen Frühsommerabend, hoch oben im Weilheimer Kapuzinerhaus. Unterm schmalen Dachgiebel und historischem Gebälk hatte sich die Singer-Songwriterin Claudia Pohel eingerichtet. Auf der Elektrogitarre, Konzertgitarre und Harfe begleitete sich die Künstlerin virtuos selbst. „Weilheim ist eigentlich das Vorzimmer und das Wohnzimmer von Claudia Pohel“, erklärte Ellen Keller-Bitzer, Leiterin der Stadtbücherei von Weilheim. Lachend bestätigte die Künstlerin dies, deren Weg vom Geburtsort Wiesensteig häufig schon nach Weilheim führte.

Mittlerweile am Bodensee ansässig, brachte Claudia Pohel Lieder aus eigener Feder mit, zu denen sie der „See“ inspiriert habe, viele davon entstanden in der Pandemie. Die Überlinger Promenade oder ein Cafébesuch dienten der Inspiration, erzählte sie. Viel Humoriges, aber auch Ernstes, brachte die Liedermacherin in die Stadtbücherei Weilheim mit. Das ernste Gedicht „Lamento“, gelesen von der Büchereileiterin Ellen Keller-Bitzer und mit Harfenklängen durch Claudia Pohel untermalt, eröffnete den Konzertabend.

Wohldosiert wechselte Claudia Pohel dann zwischen ernsten und heiteren Themen. Die heitere Moderation der Künstlerin beleuchtete so manchen Lied-Hintergrund. Das „Dätsch“-Lied beispielsweise beschreibt angestaute Wünsche in Corona-Zeiten. Beziehungskonflikte entladen sich in lustiger Weise. Die ersten Lacher entlockt sie dem Publikum bereits hier.

Der Blick der Künstlerin ruht im Folgenden auch auf der jungen männlichen Generation. Üppiger Bartwuchs unter Glatze inspirierte sie zum Lied „Der hot a Heck em Gsicht“. Mit neuer Technik im Gepäck, begleitet sie sich mit E-Gitarre und Verstärker. Vogelgezwitscher beschließt den Song und sorgt beim Publikum weiter für Heiterkeit. „Bevorzugt heiter“ gibt sie sich, auch wenn die Welt derzeit anders „tickt“. Mit ihrem „Schneckenlied“ besingt sie die liebe Not der Nacktschneckenplage, die auch ihr Gärtlein plagt. Zahllose Tötungsmaßnahmen beschreibt sie gesanglich und mimisch eindrücklich. Das Publikum ist entzückt und fühlt sichtlich mit.

Nicht nur in diesem Lied hat Pohel eine Lösung parat. Ihr Blick reicht vom Großen zum Kleinen. Eine Friedenslösung sieht sie nicht nur im Schneckenkonflikt. Den Titel „Fields of Gold“ von Sting covert sie gefühlvoll in englischer Sprache. Das Publikum folgt ihr leise und textsicher. Der sanfte Schlenker in die ernste Gegenwart ist der Künstlerin gelungen. Der Krieg in der Ukraine bedrohe die Freiheit und Demokratie, befindet sie. Diese Umstände brachten die Liedkomposition „Fragil“ hervor. Sorglos und naiv sei der Glaube gewesen, dass Frieden selbstverständlich sei, heißt es in dieser Eigenkomposition. Diese Zeilen bescherten Gänsehautmomente.

Künstlerisch weiter gereift

Geschickt leitet sie über in die Vergangenheit und wählt einen Titel von Georges Moustaki, „Temps de vivre, Die Zeit zu leben“. Im französischen Originaltext, gefühlvoll gesungen und sanft wie ein tröstendes Wiegenlied, endet der Titel. Begeisterter Beifall belohnte sie an dieser Stelle. Gemeinsamer Gesang mit dem Publikum führte in die Spur zur Heiterkeit zurück. Wer keine Angst vor „Aerosolen“ habe, solle einstimmen, forderte sie scherzhaft auf. Es gab noch viel zu singen und zu lachen an diesem Abend mit Claudia Pohel. Bei „Für dich soll’s rote Rosen regnen“ von Hildegard Knef stimmte das Publikum gerne und textsicher mit ein. Lieder von „Funklochien“ und vom „Semsakrebsler“ sorgten für Lachsalven im Publikum.

Auch im zweiten Teil des Abends gab es musikalische Poesie, zum Beispiel bei einem Loblied auf den Bodensee. Hier ist die in Wiesensteig geborene Sängerin seit einigen Jahren zu Hause. In der ganz eigenen „Claudia-Pohel-Poesie“ beschreibt sie bildhaft Wasser, Wind, Licht, Duft und Farben vom Bodensee. „Nächste Woche kauft ihr alle das 9-Euro-Ticket“, befand sie lachend. Viele bekannte Lieder aus ihrem Repertoire packte die Künstlerin noch aus an diesem Abend. Neue Titel stellten den persönlichen Reifeprozess der Künstlerin unter Beweis. Mit viel Applaus wurde der Abend mit Dankbarkeit und Herzlichkeit beschlossen. „Dieses Konzert ist ein Geschenk“, bestätigte Ellen Keller-Bitzer anerkennend aufs Programm bezogen und mit Blick auf die kulturarme Pandemie-Zeit.