Mit der Vision, aus dem historischen Neckarspinnerei-Quartier in Wendlingen Schritt für Schritt ein produktives, ökologisch nachhaltiges und durchmischtes Gebiet zu entwickeln,
das Wohnen, Arbeiten, Handel und Freizeit verbindet, hat der Entwurf des Berliner Büros „Rustler Schriever Architekten“ zusammen mit „gornik denkel Landschaftsarchitekten“ aus Heidelberg gepunktet und sich im städtebaulichen Wettbewerb durchgesetzt. Das historische Gebäudeensemble auf dem 4,7 Hektar großen Areal direkt am Neckar befindet sich komplett im Eigentum der Heinrich-Otto-und-Söhne-Gruppe (HOS) und ist ein offizielles Projekt der Internationalen Bauausstellung 2027 Stadt-Region Stuttgart (IBA’27).
„Es ist ein großartiges Areal“, sagte die Architektin Pia Maier Schriever bei der Vernissage der Ausstellung. Besonders wichtig sei es ihr und ihrem Partner Juergen Rustler gewesen, in ihrem Entwurf den Schulterschluss mit dem historischen Bestand zu schaffen und ihn, ergänzt um Neubauten, in die Zukunft zu transformieren. „Letztlich soll das Konzept wie aus einem Guss wirken“, bestätigte die Architektin. Die Strukturen der Bestandsbauten werden aufgegriffen und im Zuge der Quartierserweiterung in Richtung Autobahn und ICE-Trasse fortgeführt. Höhere Neubauten umschließen das Areal, sorgen dabei obendrein für einen gewissen Lärmschutz – in Richtung Neckar werden die Gebäude niedriger. Durch leicht verschobene Baukörper entstehen im Innern des nach dem Prinzip der Schwammstadt entwickelten Areals neue Platzsituationen. Ziel sei es zudem, dass das Quartier zum Wasser hin immer verkehrsberuhigter wird, so Schriever weiter. Die Erd- und ersten Obergeschosse der Neubauten sind für Gewerbe vorgesehen, darüber soll Wohnraum – gefordert war ein Verhältnis von 70 Prozent Gewerbe und 30 Prozent Wohnraum – entstehen.
Auf Grundlage des Siegerentwurfs soll nun laut HOS-Geschäftsführer Andreas Decker zügig das Bebauungsplanverfahren in Gang gesetzt werden. Bis die ersten Bagger anrollen, wird aber noch einiges Wasser den Neckar hinunterfließen: Aktiv in die Suche nach Nutzern der Neubauten will die HOS erst in ein bis eineinhalb Jahren einsteigen – und dann nach und nach anfangen, die Gebäude zu erstellen. Das Areal bleibt in seiner Gesamtheit im Eigentum der HOS, wie Decker betonte. Die dann eben auch die Freiheit hat, zu entscheiden, welches der Baufelder zuerst belegt wird. „Der Siegerentwurf ist so gestaltet, dass das Quartier nicht unfertig wirken wird, auch wenn noch nicht alle Gebäude erstellt sind“, ist Decker sicher. Er schätzt, dass noch mindestens zehn Jahre ins Land gehen werden, bis das neue Quartier fertig ist.
Der Fokus bei der Vermarktung liege zunächst auf den Bestandsbauten, so der HOS-Geschäftsführer weiter. Nachdem in das „Pentagon“ genannte ehemalige Baumwolllager und in den Batteurbau bereits die ersten Start-ups, darunter mit der Firma Batene auch ein Ableger des Max-Planck-Instituts, eingezogen sind, steht zurzeit der Spinnerei-Hochbau auf der Agenda.
Start-ups sind interessiert
Läuft alles nach Plan, startet die Sanierung des markanten Hochbaus, in dem bis vor drei Jahren noch Garn gesponnen wurde, im kommenden Jahr, die ersten Nutzer könnten laut Decker im Sommer/Herbst 2025 einziehen. Anfragen gibt es einige – viele davon auch von kleineren Start-ups mit wenigen Mitarbeitern, die auf der Suche nach Co-Working-Spaces oder Veranstaltungsflächen sind. „Es tut sich einiges in den letzten Monaten“, sagt Decker, der Internationale Architektenwettbewerb zur Weiterentwicklung des IBA’27-Projekts habe viel Aufmerksamkeit hervorgerufen.