Meinungen zum Thema Gebühren für die Ganztagsbetreuung am BZW gehen auseinander
Diskussion um Weilheimer Sonderweg

In einem halben Jahr soll der Ganztagsbetrieb am Weilheimer Bildungszentrum Wühle starten. Dass das ein wichtiger Schritt ist, darin sind sich fast alle einig. Auch inhaltlich herrscht ein breiter Konsens. Unterschiedliche Positionen gibt es jedoch bei der Frage, ob es richtig ist, die Eltern dafür zahlen zu lassen.

Weilheim. Endgültig entschieden ist noch nichts. Aber die Richtung ist klar: "Genehmigungsgrundlage für den Gemeinderat war, dass es keine Gebührenfreiheit geben soll", sagt Weilheims Bürgermeister Johannes Züfle. Vorgesehen ist, 20 Prozent der laufenden Kosten über Elternbeiträge abzudecken. 80 Prozent zahlt die Stadt. Eine leichte Geburt ist es damals ohnehin nicht gewesen. Als es darum ging, ob am Bildungszen­t­rum Wühle ein Ganztagsbetrieb eingeführt werden soll oder nicht, tat sich der Gemeinderat schwer. Eine Mehrheit kam nur unter der Bedingung zustande, dass die Eltern an den Betreuungskosten beteiligt werden – so, wie es auch an der Limburg-Grundschule der Fall ist.

Wenige Monate vor Start kommt nun das Thema wieder auf den Tisch. Im April wird der Gemeinderat öffentlich über die Betreuungsgebühren entscheiden. "Ich finde es sehr bedauerlich, dass die Stadt Gebühren erheben will", sagt Winfried Rindle, Realschulrektor und geschäftsführender Schulleiter. "So kann es keine Chancengleichheit geben." Der gleichen Ansicht ist Elke Amend-Gebühr, kommissarische Schulleiterin der Werkrealschule. "Die Kostenfreiheit ist sehr wichtig", betont sie. Gerade bildungsferne Familien würden ihre Kinder oft nicht in die Ganztagsschule schicken, wenn sie etwas kostet. Dabei seien sie – neben Familien, in denen beide Elternteile arbeiten – die wichtigste Zielgruppe. "Es ist bekannt, dass man mit einem kostenfreien Ganztagsangebot der Bildungsungerechtigkeit begegnen kann", sagt Elke Amend-Gebühr. "Schule ist ein System, in dem Inte­gration gut funktioniert, und das sollten wir auch nutzen."

„Wir sind sehr froh, dass die Stadt etwas tut und so viel in die Ganztagsschule investiert", sagt der Gesamtelternbeiratsvorsitzende Ralf Stüber. Allerdings gebe es unter den Eltern den Konsens: „Eine kostenfreie Lösung wäre wünschenswert." Er fürchtet, dass sonst eine Zwei-Klassen-Schule entsteht: "Und genau das ist es, was wir nicht wollen."

"Ich kenne keine andere Ganztagsschule, bei der Gebühren anfallen", sagt Winfried Rindle und spricht von einem "Weilheimer Sonderweg". In Lenningen beispielsweise ist das Ganztagsangebot an der Werkreal-, Real- und Förderschule gebührenfrei.

"Eine Teilnahme am Ganztagsunterricht muss grundsätzlich unentgeltlich sein", sagt Christine Sattler, Pressereferentin beim Kultusministerium. Bei weiterführenden Schulen gelte das bislang allerdings nur für den Unterricht, der durch Lehrer abgedeckt wird. Für jede andere Form von Betreuung dürfe die Stadt derzeit noch Gebühren erheben. "Anders ist das bei Grundschulen, die jetzt neu zu Ganztagsschulen werden. Sie müssen grundsätzlich kostenfrei sein."

"Wir haben die FBS als Partner für die Betreuung ins Boot geholt", sagt Bürgermeister Johannes Züfle. Weiterführende Schulen erhielten lediglich zwei Lehrerstunden zusätzlich. "Damit schafft man keine Ganztagsbetreuung", so Züfle. In der Limburg-Grundschule sind die Erfahrungen mit der FBS als Partner sehr gut. Problemlos läuft dort auch der gebührenpflichtige Ganztag, wie Schulleiterin Ulrike Haist versichert. "Wir sind noch eine Ganztagsschule nach dem alten Modell", sagt sie. In einer Mischform aus Kernzeiten- und Ganztagsbetreuung macht die Schule ein flexibles Angebot. "Das Thema Gebühren war für die Eltern nie ein Thema", sagt Ulrike Haist und betont: "Bei uns nutzen auch sehr viele Kinder aus bildungsfernen Familien das Ganztagsangebot." Möglich sei das, weil die Stadt die Gebühren für Familien mit niedrigem Einkommen ermäßigt oder erlässt. "Das ist so auch für das Bildungszentrum Wühle vorgesehen", versichert Johannes Züfle.

Dass trotzdem noch Familien durchs Netz fallen, die ein sehr geringes Einkommen haben, fürchtet Elke Amend-Gebühr. "Es gibt Menschen, die zwar arbeiten, aber jeden Euro umdrehen müssen." Genau die würde es dann treffen.

"Uns erwarten bei Vollbetrieb 200 000 Euro Abmangel", gibt der Weilheimer Hauptamtsleiter Marcel Launer zu bedenken. Von den Eltern wolle die Stadt keine hohen Gebühren verlangen. "Eine Betreuungsstunde wird etwa einen Euro kosten", so Launer. Wichtig ist ihm noch etwas anderes: "Unterschiedliche Meinungen gibt es lediglich bei der Gebührenfrage. Inhaltlich arbeiten alle Beteiligten sehr gut zusammen."