Gespannt warteten 68 Kinder, also die gesamte Grundschule Neidlingen, in der Reußensteinhalle auf den Autor Boris Pfeiffer. Zum ersten Mal war die Grundschule beim jährlichen Frederick-Tag dabei. Er soll in diesem Jahr die Lust am Lesen wecken, er ist ein Service der Fachstellen für das öffentliche Bibliothekswesen in den Regierungspräsidien Baden-Württemberg.
Boris Pfeiffer kam auf den Punkt, und er kam schwer beladen, denn er hatte viele Bücher mitgebracht. Nicht alle, die er bereits geschrieben hat, denn dies sind in 32 Jahren als Autor rund 150 Titel. Was aber noch wichtiger ist – er nahm nicht alle Bücher wieder mit, sondern ließ auch welche da. So können die Schüler selbst lesen, wie es mit dem „Wilden Pack“ nach dem gelesenen und erzählten Abschnitt weitergeht.
Die meisten Kinder hierzulande kennen Boris Pfeiffer als einen der Autoren der beliebten Krimiserie „Die drei ??? Kids“. So auch in Neidlingen: Als Boris Pfeiffer fragte, wer die drei Fragezeichen kennt, meldeten sich ganz viele. „Wer kennt das ‚Wilde Pack‘ “? Bei dieser Frage meldete sich keiner. International sei das Wilde Pack bekannter als die drei Fragezeichen, erzählte der Autor, es wird auch in Mexiko gelesen und es ist sogar in chinesischer Übersetzung zu haben.
Boris Pfeiffer lebt in Berlin, dort spielen auch die Geschichten vom „Wilden Pack“. Dieses besteht aus einer kunterbunten Ansammlung von Tieren, die in einer verlassenen U-Bahn-Station leben. Wie der Wolf Hamlet aus dem Zoo entfloh und zum Wilden Pack gelangte, das las und erzählte Boris Pfeiffer mit vielen lustigen Einfällen. Entscheidend für die gelungene Flucht ist der Gorilla Barnabas, ein Freund von Wolf Hamlet. Als Fluchthelfer legt der schlaue Gorilla eine Spur Gummibärchen und lockt Zoodirektor Müller mit einer goldenen Armbanduhr. Der Zoodirektor fällt prompt darauf herein. Dass der Betäubungspfeil, der für Hamlet gedacht war, stattdessen im Hintern des Zoodirektors landet, sorgte für viele Lacher. Der befreite kindliche Sinn für Humor war bei der Lesung immer wieder zu erleben. Ach hätten ihn manche Erwachsenen doch auch, wie Erich Kästner sagte: „Nur wer erwachsen wird und ein Kind bleibt, ist ein Mensch.“
Doch warum versucht die Menschenmenge draußen in der Stadt nicht, Hamlet einzufangen und zurück in den Zoo zu bringen? Warum ruft keiner den Zoodirektor an? Langes Rätseln bei den Kindern, bis Boris Pfeiffer die Lösung verriet: Sie halten Hamlet für einen Straßenköter, für einen streunenden Hund. So trifft Hamlet schließlich in der stillgelegten U-Bahn-Station Paradiesplatz auf das Wilde Pack. Zu diesem gehören unter anderem zwei Kakadus, ein Chamäleon, ein aus dem Zirkus geflüchteter schwarzer Leopard, ein Stinktier, ein Rotarschpavian mit andauernd schlechter Laune und ein blauer Pfeilgiftfrosch. Diesen sollte, das muss der Leser wissen, ein Mensch lieber nicht küssen, weil er ansonsten in Ohnmacht fällt.
Die Kinder blieben aufmerksam, erst kurz vor Ende der eineinhalb Stunden begannen manche Beine zu wackeln und der Bewegungsdrang forderte sein Recht. Im zweiten Teil der Lesung durften die Kinder ganz viele Fragen stellen. Wie lange schreibt Boris Pfeiffer an einem Buch? Bei den „drei ???“ sind es knapp zwei Monate. Beim Tiefseeabenteuer „Survivors“ musste der Autor viel recherchieren, deshalb schrieb er daran über ein Jahr. Im Durchschnitt schreibt er fünf Bücher pro Jahr, entweder in Berlin unterm Dach oder aber in Italien – seine Frau ist Italienerin. Zu schreiben hat er schon mit 13 Jahren begonnen, sein erstes Werk war ein Gedicht. Mit 25 Jahren schrieb er ein Theaterstück. Fürs Fernsehen dummes Zeug zu schreiben, erzählte er, fand er langweilig, das ließ er lieber wieder. Nun hat er einen eigenen Verlag und macht gemeinsam mit Kindern Bücher.
„Schreibst du auch im Urlaub?“ Ja, antwortete Pfeiffer, aber er arbeite nicht immer. Das tat er auch nach der Lesung zuerst einmal nicht: Der Berliner traf sich mit seiner Frau in Tübingen, um sich ausgiebig die Stadt anzusehen.