Für diese besonderen Ehrungen haben es sich die Ehrenpräsidenten des Chorverbands Karl Pfaff nicht nehmen lassen, persönlich in die Zipfelbachhalle nach Hepsisau zu kommen. Professor Hans Herzinger und Udo Goldmann verliehen Wilhelm Braun und Hans Schumann für 70 Jahre und Hans Linsenmayer für 50 Jahre aktives Chorsingen die goldene Nadel des Deutschen Chorverbands. Die Treue zum Ort und zum Verein, das haben die drei Chorveteranen gemeinsam. „Singen hält jung, geistig auf jeden Fall“, sagt der 87-jährige Wilhelm Braun, der auch eine Art wandelndes Heimatlexikon seiner Heimatstadt Weilheim ist.
Als Braun 1954 dem Chor beitrat, wurde Deutschland das erste Mal Fußballweltmeister und die Spiele schaute der ganze Ort im Gasthaus Krone. Hans Schumann war sogar schon vor seinem Klassenkameraden Wilhelm dem Chor beigetreten. Der talentierte Klavierspieler hat bereits mit 14 im Kirchenchor gesungen. Freund und Chorkamerad Braun hätte dem jungen Hans eine Karriere als Berufsmusiker zugetraut. Doch der junge Hans musste schon früh auf dem Hof der Eltern helfen und begann danach eine Ausbildung zum Gipser. Er sang Sopran, bis der Stimmbruch kam. Mit 18 Jahren hatte er die Leitung des Kirchenchors in Hepsisau übernommen und mit seinem Vater den Beerdigungschor gegründet. Hans Schumann stand zudem einige Jahre an der Spitze des Männerchors Hepsisau und springt bis heute immer noch als Dirigent ein.
Für die jungen Sänger war der Chor damals eine echte Herausforderung. Chroleiter Julius Knieriem übte Passagen aus Nabucco, der Zauberflöte und dem Freischütz ein. Auch Dickens Weihnachtsgeschichte üben die jungen Sänger ein. Manche Stücke brachten sie sechs oder sieben Mal im Jahr zur Aufführung. Es ging sogar auf Tourneen mit dem aktiven Chorleiter, nach Stutgart, Frankfurt oder sogar Berlin. Und wie Country-Legende Johnny Cash hatten sie sogar eine Aufführung im Zuchthaus von Zweibrücken: den Kirschblütenzweig von Friedrich Feld. Dem Chorleiter vom Michaelshof haben sie viel zu verdanken. „Der hat uns rausgeholt in die weite Welt“, sagt Wilhelm Braun.
Ein Neidlinger im „Ausland“
Relativ „spät“ kam der älteste der Runde zum Chor. Der heute 88-jährige Hans Linsenmayer war schon ein gestandener Mann, als er dazustieß. „Die Kameradschaft hat mir gefallen“, erzählt er. „Ich kam aus Neidlingen, das war für mich etwas Besonderes“, erzählt er schmunzelnd. Damals lagen zwischen den Nachbarorten Welten. Linsenmayer brachte der Chor besonders viel Glück: „Ich habe eine Hepsisauer Frau geheiratet.“
Ihrer Leidenschaft gehen die drei Sängersenioren auch im hohen Alter noch nach und wünschten sich, mehr Menschen würden es ihnen gleichtun. „Es wird nicht mehr so viel gesungen in den Familien, in der Kirche auch nicht mehr“, sagt Hans Schumann. Mit bis zu 28 Mitgliedern gehört der Männerchor Hepsisau noch zu den stärksten aktiven Chören der Region. Aber er könne sich an Zeiten erinnern, als 80 Leute auf der Bühne standen, sagt Wilhelm Braun. „Die Leute wollen sich nicht binden“, glaubt er. Jede Woche pünktlich zu kommen, das falle vielen schwer.
Wilhelm Braun kann das Singen nur empfehlen. „Mir hat es viel gegeben“, sagt er. So habe er in seiner Funktion als Vizepräsident des Chorverbands viele Reden gehalten. Nur ein Instrument habe er nie gelernt, dafür die nächste Generation: „Meine Tochter spielt Orgel und Klavier.“