Esslingen. Auf der Homepage der Esslinger Fatih-Moschee ist unter der Überschrift „Bürgerfest wird Schwörfest – und wir sind dabei!“ zu lesen: „Für uns als Islamische Gemeinschaft Esslingen e.V. ist das Bürgerfest seit jeher eine unverzichtbare Veranstaltung. Gerne heißen wir Sie deshalb wieder an unserem angestammten Platz auf der Agnesbrücke herzlich willkommen.“ Der Post stammt von 2023, steht aber immer noch auf der Seite. Dieses Jahr wird es nichts mit dem angestammten Platz, denn die Stadt Esslingen hat den Trägerverein der Fatih-Moschee vom Schwörfest ausgeschlossen – zusammen mit zwei weiteren Vereinen: dem Verein türkischer Arbeitnehmer und dem Demokratischen kurdischen Gesellschaftszentrum.
Zur Begründung zitiert die Stadtsprecherin Nicole Amolsch aus einer Beschlussvorlage für den Kulturausschuss des Gemeinderats vom März: „Bei städtischen Kulturveranstaltungen werden nur Teilnehmende und Programme zugelassen, die weder verfassungsfeindlich agieren noch die Grundwerte des gesellschaftlichen Zusammenlebens missachten.“ Zugleich entfalle die städtische Förderung.
Das kurdische Gesellschaftszentrum erhielt laut Amolsch 128,97 Euro ausschließlich 2021, der türkische Arbeitnehmerverein wurde länger gefördert, zuletzt 2022 mit 634,55 Euro. Die Fatih-Moschee erhielt keine finanzielle Förderung. Neben den drei Vereinen, so Amolsch, gebe es keine weiteren Verdachtsfälle. Einzelbegründungen teilt die Stadt nicht mit. Der Verein türkischer Arbeitnehmer zählt zum türkisch-rechtsextremen Spektrum der Grauen Wölfe. Die Demokratischen kurdischen Gesellschaftszentren werden vom baden-württembergischen Verfassungsschutz der seit 1993 in Deutschland verbotenen, seit 2002 von der EU als Terrororganisation gelisteten Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) zugerechnet.
Am 5. November 2023, so der Verfassungsschutz, habe in Esslingen eine jener „Märtyrergedenkveranstaltungen“ stattgefunden, bei der gestorbene PKK-Kämpfer verehrt und Propagandavideos gezeigt würden.
Protest gegen Ausschluss von Kurdenverein
Der Esslinger Linken-Stadtrat Martin Auerbach hat eine andere Sicht auf den Esslinger Kurden-Ortsverein. Ihm zufolge trägt er das Wort „demokratisch“ nicht nur im Namen, sondern ist es auch. „Einen Ausschluss halte ich für ungerecht“, sagt Auerbach. Andere Gemeinderatsfraktionen, die von unserer Zeitung befragt wurden, stehen hinter dem Beschluss der Stadt. Eine Sprecherin des kurdischen Gesellschaftszentrums sieht ihren Verein „mit faschistischen Organisationen in einen Topf geworfen. Das ist eine Unverschämtheit“. Auf die Frage nach der PKK-Nähe antwortet sie, in Deutschland gebe es keine PKK, diese kämpfe in kurdischen Gebieten „gegen Faschismus und Nationalismus“. Statements der beiden anderen Vereine waren nicht zu erhalten
Die Fatih-Moschee gehört zu Milli Görüs, laut Verfassungsschutz eine islamistische Bewegung, die Geschlechtertrennung und die Verhüllung von Frauen propagiert sowie intensive Jugendarbeit betreibt. So sei eine Jugendgruppe des Esslinger Ortsvereins im Sommer 2023 zu Schulungen in der Türkei gewesen. Nach außen hin präsentiere sich Milli Görus dialogorientiert, intern grenze man den Islam von der freiheitlichen Demokratie ab.
Stadt will an Dialog festhalten
Dass die Fatih Moschee trotzdem im Programm des diesjährigen Esslinger Tags der Religionen enthalten war, erklärt Stadtsprecherin Amolsch mit der Organisation dieser Veranstaltung durch den Gesellschaftsdialog der Religionsgemeinschaften, ein Austauschgremium zwischen Religionsgemeinschaften und Stadtverwaltung. Generell halte die Stadt den Dialog mit Gruppierungen, die vom Verfassungsschutz beobachtet werden, „aus sozialpolitischer Sicht für sinnvoll, vor allem um den Kontakt zu den Kindern und Jugendlichen, die sich in diesen Kreisen bewegen, nicht zu verlieren“.