Sobald es etwas wärmer wird und sich die Sonne hinter der grauen Wolkenschicht vorkämpft, tummeln sich Menschen an Grillstellen, auf Sportplätzen und Trimm-dich-Pfaden. Alles Orte, die auch die häufigste heimische Zecke, der gemeine Holzbock, zu schätzen weiß. Der Zeckenexperte und Leiter des Naturschutzzentrums Schopflocher Alb, Dr. Marco Drehmann, warnt: „Wer bei einem nahenden Gewitter am Waldrand unterwegs ist, läuft besonders Gefahr, dass sich eine Zecke von einem in den Weg hängenden Grashalm abstreifen lässt.“ Aber auch im sauber getrimmten Rasen können sich die Spinnentiere wohlfühlen. Von einer erhöhten Position aus, so Drehmann, hat die Zecke zwar einen Startvorteil, und die Wahrscheinlichkeit, dass sie ihr Ziel erreicht, ist groß, legt sich jedoch jemand ins gemähte Gras, nehme sie auch diese Einladung gerne an.
Schnell entfernen
Der gemeine Holzbock ist zum Leidwesen aller Naturfreunde weit verbreitet und überträgt das besonders gefährliche FSME-Virus. Im vergangenen Jahr wurden in Deutschland, laut Marco Drehmann, 774 Fälle gezählt und auch in diesem Jahr gab es schon die ersten Infektionen. Mit einem messerähnlichen Mundwerkzeug schneiden sie, so Drehmann, in die Haut, bevor sie sich in die offene Stelle hineinziehen und sich dort mit ihren Widerhaken festsetzen.
Der Zeckenfachmann rät: „Hat sich die Zecke erst mal festgesetzt, muss sie so schnell wie möglich entfernt werden.“ Das könne unter Umständen verhindern, dass sie Borrelien überträgt. Im Unterschied zum FSME-Virus befinden sich diese beim Stich noch nicht im Speichel der Zecke, sondern im Darm. „Bis sich die Gestochenen tatsächlich mit den Borrelien infizieren, dauert es mindestens sechs bis acht Stunden, manchmal länger.“ Deshalb gilt es, die Zecke so schnell wie möglich zu entfernen. Heutzutage gebe es so viele Hilfswerkzeuge, dass es auch diejenigen schaffen können, die Hemmungen haben, die kleinen Tiere selbst zu ziehen, sagt der Zeckenfachmann.

Beim FSME-Virus hingegen hilft allerdings auch schnelles Handeln nicht. Das im Speichel befindliche Virus gelangt beim Stich sofort ins Blut des Gestochenen. Eine Impfung würde jedoch für eine sehr gute Absicherung sorgen, deshalb sollte sie auch regelmäßig aufgefrischt werden. Ob in diesem Jahr mit vielen Zecken zu rechnen ist, kann Marco Drehmann zumindest nicht ausschließen. Denn: Der Sommer im vergangenen Jahr war weder besonders trocken noch gab es einen schneelosen Winter mit Temperaturen von minus 20 Grad – Faktoren, die den Bestand dezimieren würden. Wie sich die Zahl der Zeckenstiche entwickelt, bleibe daher abzuwarten.
Nur 250 Exemplare gefunden
„Insgesamt gibt es in Deutschland 23 Zeckenarten, davon sind 20 heimisch“, sagt Marco Drehmann. Damit eine Zeckenart heimisch genannt werden kann, müsse sie alle Entwicklungsstufen in Deutschland durchlaufen. Heißt: Sie müssen sich von der Larve über die Nymphe zur ausgewachsenen Zecke entwickeln. Hat der gemeine Holzbock erst mal alle Stufen durchlaufen, kann er eine Größe von bis zu vier Millimetern erreichen.
Die Riesenzecken schaffen es hingegen auf bis zu 6,5 Millimeter. In Deutschland werden erst seit einigen Jahren Riesenzecken gefunden, und zwar die der Gattung Hyalomma. Da es allerdings nur Funde der ausgewachsenen Zecke gab, kann davon ausgegangen werden, dass sie sich hierzulande bisher nicht vermehren können, erklärt der Experte des Naturschutzzentrums. Dennoch haben die Riesenzecken eine große mediale Aufmerksamkeit erreicht– so gefährlich wie der gemeine Holzbock sind sie für die Bevölkerung aber nicht.
Zum einen ist die Wahrscheinlichkeit, einer Riesenzecke über den Weg zu laufen, sehr viel geringer: In Deutschland wurden, so der Fachmann, trotz aufwändiger Studien bisher weniger als 250 Exemplare gefunden. Zum anderen bestehe zwar die Möglichkeit, dass diese das sehr gefährliche Krim-Kongo-Fieber-Virus übertragen, jedoch wurde das Virus bei keinem einzigen in Deutschland gefundenen Exemplar festgestellt.