Es klingt wie eine Geschichte aus einem Hollywood-Drehbuch: Über lange Zeit observiert die Polizei mehrere Verdächtige. Die Beamten verfolgen Fahrzeuge, beobachten aus sicherer Entfernung, wie Kartons von einer Person zur anderen wandern. Auch Telefone werden abgehört und Chats mitgelesen – Gespräche zwischen „Obama“, „Scholz“, „Mussolini“ und „Ronaldinho“. Decknamen, wie einer der Ermittler später vor dem Stuttgarter Landgericht aussagt. Die Spur führt unter anderem zu einer Wohnung im Roßdorf und einem Imbiss in Neckarhausen. Im vergangenen Januar folgt der Zugriff der Polizei an unterschiedlichen Orten. Die Beamten beschlagnahmen große Mengen Marihuana, über ein Kilo Haschisch und Hunderte Gramm Kokain. Mehrere Leute werden festgenommen, darunter auch der Betreiber des „Burger-Towns“ in der Nürtinger Straße.
Das war ganz, ganz ungeschickt.
Der Richter über die Entscheidung des Gastronomen, andere ins Geschäft mit den Drogen zu verwickeln.
Seit September müssen sich insgesamt vier Männer wegen des Verdachts des bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln vor dem Landgericht Stuttgart verantworten. Nach nur fünf Verhandlungstagen ist der Prozess bereits beendet. Die Angeklagten haben sich auf einen Deal mit der Staatsanwaltschaft eingelassen und zeigen sich geständig.
Laut Richter soll der Chef des Burgerlokals der Kopf hinter dem professionell organisierten Drogenhandel gewesen sein. Der Gastronom habe seit Anfang 2021 mit Marihuana im Kilogrammbereich gedealt. „Er hatte die Absicht, sich eine dauerhafte Einnahmequelle zu verschaffen“, so der Richter. In sieben Fällen könne ihm der bandenmäßige Handel mit Marihuana nachgewiesen werden, in einem Fall habe er auch ein Kilogramm Kokain bestellt.
4000 Euro pro Kilo Marihuana
Das Geschäft sei für den Angeklagten lukrativ gewesen. Das Gericht geht davon aus, dass er pro Kilogramm Marihuana Einnahmen von 4000 Euro hatte. „Der Einkaufspreis dürfte erheblich geringer gewesen sein“, so der Richter. Doch habe der Angeklagte bei der Organisation des Drogenhandels einen schweren Fehler begangen. Da er selbst möglichst wenig mit dem illegalen Geschäft zu tun haben und mit dem Marihuana nicht in Verbindung gebracht werden wollte, habe er Hilfe von anderen gebraucht. „Das war ganz, ganz ungeschickt“, sagte der Richter. Dadurch sei eine bandenmäßige Struktur entstanden, die sich erheblich auf das Strafmaß auswirke.
Das Gericht geht davon aus, dass große Mengen Marihuana eingekauft wurden – unter anderem von einem Dealer in Zizishausen – und in einer sogenannten „Bunkerwohnung“ und einer dazugehörigen Garage im Roßdorf zwischengelagert wurden. Anschließend seien die Drogen weiterverkauft worden. Laut Staatsanwaltschaft habe eine Übergabe von 250 Gramm Kokain auch im Bereich des Lokals stattgefunden.
Mehr als sieben Jahre Haft
Aufgrund der nachgewiesenen Transaktionen und „erheblicher und einschlägiger Vorstrafen“ verhängte das Gericht eine lange Haftstrafe. Der Kopf der Drogenbande muss für insgesamt sieben Jahre und drei Monate in Haft. Die Geburt seines Kindes hatte der Mann bereits in U-Haft verpasst. Der Richter appellierte an ihn, einen anderen Weg einzuschlagen: „Sie müssen sich jetzt echt zusammenreißen.“ Der Angeklagte zeigte sich nach der Urteilsverkündung reumütig. Unter den Augen seiner Lebensgefährtin und des kleinen Kindes bat er um Verzeihung: „Es ist das letzte Mal, dass ihr mich hier sehen werdet. Ich verspreche euch, dass ich euch nie wieder alleine lassen werde.“
Ein weiterer Angeklagter wurde zu vier Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt. Er habe eine „hervorgehobene Rolle“ in der Struktur eingenommen, so der Richter. Die beiden anderen Angeklagten erhielten Bewährungsstrafen.