Kreis. Im Landkreis Esslingen gibt es ein breites Angebot im Bereich der Prostitution. Oftmals ist die Lage der Frauen prekär, sie werden stigmatisiert. Seit Januar 2020 berät daher die Fachberatungsstelle Rahab des Kreisdiakonieverbands Esslingen insbesondere Frauen, die mit Prostitution konfrontiert sind oder dieser entfliehen möchten. Neben Unterstützung und Beratung bei Behördengängen versucht Rahab ständigen Kontakt zu den Prostituierten zu halten, um den oftmals nicht deutschsprechenden Frauen zur Seite zu stehen. Dabei stellt zum Beispiel Zwangsprostitution die Beraterinnen vor große Herausforderungen. Regelmäßig werden Frauen aus dem europäischen Ausland ohne Papiere und unter falschen Versprechungen nach Deutschland gebracht, um hier als Prostituierte zu arbeiten.
Die beiden Beraterinnen der Diakonie, Neele Petikis und Silvia Vintila, schilderten, wie schwer es ihnen falle, die betroffenen Frauen zu unterstützen, die unter sehr hohem Druck stehen. Ohne eine Initiative der Frauen sei hier nur wenig möglich. „Außerdem verschiebt sich die Prostitution seit Beginn der Corona-Pandemie zunehmend in den privaten Bereich. Dadurch können wir zum einen die Frauen schlechter erreichen, zum anderen sind sie schlechter geschützt“, gaben die Sozialarbeiterinnen zu bedenken. Eine mögliche Lösung könnte die Einführung des „Nordischen Modells“ sein. Dabei wird Prostitution verboten, es werden jedoch lediglich die Freier bestraft.
Verschiebung ins Private
Eberhard Haußmann, Geschäftsführer der Diakonie, steht dem skeptisch gegenüber: „Beim Nordischen Modell ist eine weitere Verschiebung in den privaten Raum sowie eine stärkere Stigmatisierung der Frauen zu erwarten.“ Schmid verwies auf den dringenden Handlungsbedarf: „Die hohe Dunkelziffer von Menschen in der Prostitution sowie die Aussichtslosigkeit vieler Betroffener kann nicht ignoriert werden.“ Wer Prostitution wirksam bekämpfen wolle, müsse aber gleichzeitig auch die Armut bekämpfen, die mit dieser oft eng verknüpft ist. Er erklärte, dass die Neuregelung der Prostitution bereits seit einiger Zeit innerhalb der SPD-Fraktion besprochen werde, sich nun aber eine parteiübergreifende Initiative anbahne, die neue Bewegung in das Thema bringen könne. Auch die Finanzierung des Projekts Rahab wurde thematisiert, die bis Ende 2025 steht. „Was danach kommt, ist ungewiss“, so die Projektleiterin Claudia Brendel. Sie forderte ein stärkeres finanzielles Engagement der Kommunen, die von Bordellen auf ihren Gemarkungen über die „Vergnügungssteuer“ profitieren. pm