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Ehemalige Teststrecke: Solarpark trifft auf Naturschutz

Naturschutz Bei den Wernauer Baggerseen soll eine Freiflächen-PV-Anlage gebaut werden. Der Nabu ist skeptisch.

Wernau. Die Daimler-Teststrecke war jahrzehntelang ein großes Ärgernis für Naturschützer. Tiere wurden überfahren, zudem musste das Gelände entwässert werden, was sich auch auf das benachbarte Naturschutzgebiet Wernauer Baggerseen auswirkte. Das ist seit rund drei Jahren Geschichte. Die Teststrecke ist seit Ende 2020 aufgegeben, asphaltierte Flächen und Bauwerke wurden zurückgebaut.

Der Naturschutzverband Nabu, der das benachbarte Schutzgebiet betreut, hoffte, dass die Fläche diesem zugeschlagen wird – es wäre eine einmalige Chance, die Natur­oase mitten im Ballungsraum zu vergrößern. Doch sie gehört der Eigentümerfamilie des Betonwerks Wernau, wie auch Teile des bereits geschützten Gebiets, das bei seiner Ausweisung vor mehr als 40 Jahren nach ihren Angaben ohne Entschädigung umgewidmet wurde. Dieses Mal möchten die Eigentümer ihren Grund wirtschaftlich nutzen. Sie hätten schon 2019 ihre Pläne für eine Freiflächen-Photovoltaikanlage dem Umweltministerium und der Stadt Wernau vorgestellt, berichtet Dominik Bicheler, der Projektverantwortliche beim Betonwerk. Im Gespräch war dann ein möglicher Flächentausch, um den Solarpark an anderer Stelle zu errichten – daraus wurde offenbar nichts.

Gelände muss gerodet werden

Deshalb soll der Solarpark doch auf dem Gelände der früheren Teststrecke gebaut werden, zumindest auf einem Teil davon. Die Fläche „würde sich durchaus anbieten“, sagt Bicheler, es handle sich um eine förderfähige Konversionsfläche im Sinn des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG). Für die PV-Nutzung müsste das Gelände gerodet werden, also auch die Gebüsche und Gehölze, die sich über die Jahrzehnte zwischen den Fahrwegen entwickelt haben. Aus Sicht des Nabu ist das ein Verlust, auch wenn die Fläche künftig von Schafen beweidet werde, wie es laut Bicheler vorgesehen ist. Dieser sieht dagegen „eine erhebliche Aufwertung des gesamten Gebiets“ durch die Pläne. Natürlich sei hier über die Jahre viel gewachsen, aber auch die aktuell für das Bebauungsplanverfahren erstellten natur- und artenschutzrechtlichen Untersuchungen ließen den Schluss zu, dass es sich nicht um hochwertige Lebensräume handle, sagt er. Im Oktober soll der Gemeinderat den Entwurf des Bebauungsplans behandeln, dann geht es auch um diese Themen.

30 Meter breite Pufferzone

Bicheler betont, dass 4,8 der insgesamt sieben Hektar großen Fläche mit der PV-Anlage belegt werden sollen. Die Gehölze an den Rändern wie auch andere kleine Flächen spare man aus, sie könnten im Sinne des Naturschutzes dauerhaft genutzt werden. Allerdings seien das zum allergrößten Teil ohnehin Biotope, die gar nicht überbaut werden dürfen, führt Roland Appl vom Nabu an.

Die Naturschützer nennen weitere Punkte, die einen Solarpark an dieser Stelle für sie akzeptabel machen würden: Es müsse eine „mindestens 30 Meter breite Pufferzone“ zwischen dem sogenannten Daimlersee und dem Zaun um die Solaranlage eingehalten werden. Für einen hochwertigen Bewuchs brauche man allerdings ausreichend Sonnenlicht, also mindestens drei Meter Abstand zwischen den Modulreihen. In einem Positionspapier verschiedener Naturschutzverbände in Baden-Württemberg wird definiert, wie ein verträglicher „Biodiversitätssolarpark“ aussehen kann.

Die Eigentümer verweisen allerdings verständlicherweise darauf, dass sich die Anlage für sie bei einer weiteren Verkleinerung wirtschaftlich nicht mehr rechnen werde. Außerdem produziere man hier ja auch dringend notwendigen Strom für die Energiewende, erinnert Dominik Bicheler. Im aktuell geplanten Umfang sollen 5,5 MWp, also Megawattpeak, erzeugt werden. Karin Ait Atmane