Zwischen Neckar und Alb
Ein Anwalt will neues Esslinger Stadtoberhaupt werden

Wahl Gebhard Mehrle wirft seinen Hut ohne Partei im Rücken, dafür mit lokaler Kompetenz in den Ring.

Esslingen. Er ist promoviert, lebt seit 2003 in Esslingen und arbeitet in einer Zwei-Mann-Kanzlei in Stuttgart, die es schon mehrfach in die Top-Anwaltsliste von „Focus“ und „Stern“ gebracht hat. Jetzt will der 51-jährige Jurist Gebhard Mehrle, Spezialist für Familienrecht, Nachfolger des Esslinger Oberbürgermeisters Jürgen ­Zieger werden. Dem einen oder anderen in Esslingen ist Mehrle vielleicht noch von der Elterninitiative ein Begriff. Diese hatte sich für die Einrichtung einer gymnasialen Oberstufe an der Gemeinschaftsschule Innenstadt engagiert.

Dass der zweifache Familienvater im Gegensatz zu seinen Mitbewerbern keine Gemeinderatsfraktion im Rücken hat, ist in seinen Augen eher Vorteil denn Nachteil. Dass sich etliche wichtige Ratsentscheidungen zuletzt „hart an den Lagern“, so Mehrle, entlanggehangelt haben und die OB-Stimme den Ausschlag gab, hat er bei der hauchdünnen Entscheidung für die gymnasiale ­Oberstufe selbst erlebt. Auch wenn das damals in seinem Sinne ausging, hält er es für wichtig, den Wählern mit einer unabhängigen Bewerbung auch ein anderes Angebot zu machen.

Rathauschef wollte er schon immer werden, verweist Mehrle auf seine kommunalpolitisch rege Familie - der Vater sitzt in Bietigheim-Bissingen für die FDP im Gemeinderat, der Schwiegervater „war Jahrzehnte die tragende Säule der Pleidelsheimer SPD“. Und es sei ja auch alles andere als ungewöhnlich, sich als Jurist um so einen Posten zu bewerben. Schon von klein auf habe er sich fürs Gemeinwohl eingebracht. Und spätes­tens mit Kindern „wird jedes Leben politisch.“

Als Esslinger verfolge er die Kommunalpolitik seit Jahren sehr intensiv. Durch seine Tätigkeit als Anwalt mit mehr als 20-jähriger Erfahrung könne er schon von Berufs wegen gut zuhören und schnell strukturieren. Und als Mediator sieht er sich auch gegen solche atmosphärischen Schief­lagen zwischen Gemeinderat und Rathausspitze gewappnet, die in Esslingen immer wieder für unschöne Schlagzeilen gesorgt haben. Dass Gemeinderat, Verwaltung und Bürgerschaft von einem OB wertgeschätzt werden müssen, ist für ihn keine Frage. Dass hier vor allem der Informationsfluss wesentlich besser werden muss, steht ganz oben auf seiner Agenda.

„In Esslingen fehlt es nicht an Ideen“, lobt er die zahlreichen Ini­tiativen und Bürgerbeteiligungen. Aber man müsse die Fäden zusammenführen. In der Baupolitik will er dafür sorgen, dass die notwendige Nachverdichtung und Neubaugebiete „nicht aus dem Ruder laufen“. Hier käme man auch nicht umhin zu definieren, „wann damit Schluss ist“. Beim öffentlichen Nahverkehr will Mehrle die Elektrifizierung konsequent fortsetzen. Kulturelle Veranstaltungen, Initiativen, Vereine und Institutionen dürften nicht am klammen Haushalt scheitern. Kontakt zu den Bürgern sucht der gebürtige Freiburger sowohl übers Netz, wo er mit Homepage und Blog (www.gebhard-mehrle.de und www.drmehrle-ob.de) präsent ist, als auch auf der Straße. Claudia Bitzer