Weilheim und Umgebung
Ein bewährter Zusammenschluss

Jubiläum Der Verband Raum Bad Boll ist 50 geworden. Er hat sechs Gemeinden die Selbstständigkeit erhalten und eine schlagkräftige Einheit gebildet, die bis heute zu immer neuen Ufern aufbricht. Von Jürgen Schäfer

Wenn es den Verband Raum Bad Boll nicht gäbe, müsste man ihn erfinden. So sagt es der Bad Boller Bürgermeister Hans-Rudi Bührle, und das kann jede der sechs Gemeinden unterschreiben. Die Altvorderen hätten richtig erkannt, dass ein freiwilliger Zusammenschluss besser sei als eine Einheitsgemeinde, so Bührle. Und weitermachen wie bisher ging damals nicht. Die Gemeindereform rollte durchs Land und verlangte Zusammenschlüsse. „Ohne den Verband“, sagt der stellvertretende Bürgermeister von Dürnau, Manfred Maier, der 36 Jahre Verbandsgeschichte überblicken kann, „gäbe es die kleinen Gemeinden nicht mehr.“

Mutig und zukunftsorientiert seien die Gründungsväter gewesen, lobt Bührle. „Es ging um schlagkräftige Einheiten.“ Wenn er daran denkt, dass heute Bürgerbeteiligung in aller Munde ist - der Verband habe das schon vor 50 Jahren gemacht. „Wir haben die Bürger befragt“, sagt Bührle, damals, als das Regierungspräsidium die Verbandsgemeinden zu einem engeren Zusammenschluss drängte, mit „Eingemeindungsprämie“, so Bührle. Die Bürger hätten darauf verzichtet. So blieb jede Gemeinde eigenständig und unverwechselbar. „Das ist gut so“, sagt Bührle.

„Bei uns hat jede Gemeinde eine Stimme“, sagt der Verbandsvorsitzende, Hattenhofens Bürgermeister Jochen Reutter. Andere Verbände hätten die Mitsprache nach Einwohnerzahl verteilt. Das Prinzip gibt es im Raum Bad Boll auch, aber beim Zahlen. Da ist es dann die Gerechtigkeit nach Geldbeutel. Der Kleine zahlt weniger in die Verbandskasse als der Große. Reutter: „Das hat sich auch bewährt.“

Für den Gammelshäuser Bürgermeister Daniel Kohl war der Verband etwas ganz Neues. Er fragte sich: Funktioniert das überhaupt? Kohl kann sagen: Und ob. Er schätzt die Verwaltungsratssitzungen, wo sich die sechs Bürgermeister der Verbandsgemeinden neben der Tagesordnung und dem Protokoll austauschen.

Der neue Zeller Bürgermeister Christopher Flik empfindet den Verband wie eine Familie. Mit drei erfahrenen Kollegen und drei jüngeren habe man eine sehr gute Mischung. Er sieht das anstehende Jubiläum als eine Sternstunde der interkommunalen Zusammenarbeit, „in so einem Ausmaß, mit dieser Historie“.

Es war keine Liebesheirat

Wie eine Familie - das rücken die älteren Kollegen ein bisschen zurecht. „Eine gute, gelebte Partnerschaft“ nennt es Bührle und glaubt, dass es damals keine Liebesheirat war, sondern eine Zweckgemeinschaft. „Da tut es auch mal einen Schlag“, sagt der Dürnauer Gemeinderat Manfred Maier, und der Verbandsvorsitzende Reutter nickt: „Bei Bauland kann es immer mal knistern“, weil es einen gemeinsamen Flächennutzungsplan gibt und der Kuchen dann aufgeteilt werden muss. Noch nicht so lange gelöst ist ein Dilemma, das Bad Boll und Dürnau betraf: Beide Gemeinden wollten sich die Perspektive eines größeren Lebensmittelmarkts erhalten. Das wäre eine harte Konkurrenz gewesen. Bad Boll hat dann verzichtet, sagt Bührle. Beispiel Schule: Als Bad Boll eine Gemeinschaftsschule wollte, habe es heftige Diskussionen mit Zell gegeben, sagt Bührle. Bad Boll ging seinen Weg, und heute sind die Verbandsgemeinden Zell, Hattenhofen und Aichelberg Teil eines Schulverbands mit Albershausen und Schlierbach.

Hätte Aichelberg seine Einwohnerzahl fast verdoppelt, wenn es seine Selbstständigkeit verloren hätte? Die Bürgermeister glauben das nicht. Aichelbergs Schultes Martin Eisele fühlt sich im Verband bestens aufgehoben, und eben jetzt braucht Aichelberg das Gewicht des Verbands, wenn es mit dem Gewerbegebiet an der A 8 etwas werden soll. Eisele erinnert daran, dass Aichelberg dieses Gewerbegebiet vor 20 Jahren nicht haben wollte und so Zell zum Zug kam. Zum Nutzen von Aichelberg und Hattenhofen im gemeinsamen Gewerbepark Wängen in Zell.

Vieles hat der Verband bewegt wie etwa die „Albtraufgänger“-Routen als Beispiel. „Wir waren der Initiator“, sagt Bührle, hier lag die Initialzündung für alles, was folgte: Löwenpfade, der Erlebnispark Schwäbische Alb. Nicht geklappt hat es mit dem Leuchtturmprojekt „Eule“ für erneuerbare Energien, auch nicht mit einem gemeinsamen Bürgerbus. Dafür ist heute das E-Bürgerauto „Lorenz“ unterwegs. „Viele Facetten ergeben ein tolles Bild“, sagen die Bürgermeister.