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Ein falsches Häkchen mit Folgen

Unterhaltung Mal ironisch, mal sarkastisch, dann wieder raffiniert oder zum Nachdenken anregend: Peter Dietrich alias „Bruder Theo“ schaut in seinem Kirchenkabarett bei den aktuell großen Themen genau hin. Von Katja Eisenhardt

Eben noch mitten in einer flotten Jam-Session mit Ray Charles, Maria Callas und Johann Sebastian Bach hoch oben im Himmel, im nächsten Moment zurück auf dem irdischen Boden der Tatsachen. Bruder Theo muss sich erst einmal orientieren, wo es ihn da hinverschlagen hat. „Könnte ein FKKK-Gebäude sein - für klamme Kirchen und Kommunen“, überlegt das Mitglied des Kabarettaner-Ordens beim genaueren Hinsehen in der voll besetzten Hochdorfer Breitwiesenhalle. Eine technische Panne in Petrus‘ Datenbank des Lebens habe ihn zurück ins Diesseits befördert, erklärt er dem Publikum, das auf Einladung des örtlichen Fairtrade-Fördervereins und der VHS Esslingen gekommen war. Alle Gläubigen seien in der Datenbank gespeichert - mit Namen, Geburtsdatum und einem Häkle. Entweder bei „u“, unterwegs auf der Erde, oder bei „a“, angekommen im Himmel.

Bei ihm habe der Hilfsengel jetzt zum wiederholten Mal das falsche Häkle gesetzt. „Kann ja nicht gutgehen, das läuft unter Windows. Apple wollte Petrus ja nicht, mit einem Apfel im Paradies hat der ganze Schlamassel schließlich erst angefangen.“ Wo er aber schon mal da ist, nutzt der fromme Bruder die Gelegenheit, das irdische Dasein einmal kritisch unter die Lupe zu nehmen.

„Was seid ihr denn? Katholisch? Evangelisch? Hat es auch Sonstige da?“, fragt der Mönch in die Runde und befindet: „Ist doch toll, ihr seid theologisch nicht sortenrein. Da könnt ihr gleich mal für den Himmel üben, da feiern alle zusammen.“

Bibelfest zu sein hilft sicherlich bei den vielen theologischen Anspielungen - ist aber keinesfalls ein Muss, um einen kurzweiligen Abend zu verbringen. Bruder Theo gelingt der Spagat zwischen Ironie und Satire, zwischen locker-lustig und zum Nachdenken anregend. Und dabei nimmt er kein Blatt vor den Mund. Es geht um aktuelle politische Themen, gesellschaftliche Missstände und das damit verbundene „politische Kasperletheater“ der Regierung. Völliges Unverständnis hat der Glaubensbruder etwa für die weit verbreitete Armut im reichen Deutschland: „Es ist ja gut, dass es Tafelläden gibt, aber ein Skandal, dass es sie braucht.“ Die Politobrigkeit müsse sich endlich der Tatsache stellen, dass fast ein Viertel der Bevölkerung im Niedriglohnsektor arbeite. Und dann das Klimaschutzpaket - „Im Vergleich zu dem, was es wirklich braucht, ist das ja höchs­tens ein Probepäckle.“

Auch die Kirche, vor allem der Vatikan und dessen teils viel zu eingestaubte Ansichten und häufig unbelehrbare Obrigkeiten, werden von Bruder Theo klug und kritisch hinterfragt. Hier müsse so einiges überdacht werden, etwa der Zwangs-Zölibat für katholische Priester. Das sei keine urchristliche Erfindung, denn Petrus selbst war verheiratet. Er sinniert über Ewigkeit und Unendlichkeit. Und über die Sünde. Ab wann ist etwas Sünde? Ist das eine Zielverfehlung, wenn etwas nicht so ist, wie es sich der Schöpfer vorgestellt hat? Oder wenn etwas der Umwelt schadet - etwa so ein höher gelegter SUV „mit eingebautem Kindertotfahrdifferenzial“? Bruder Theo sagt, was ihn umtreibt, und spricht sich dabei vehement gegen Duckmäusertum und Ja-Sagerei und für Mut und Aufklärung aus. „Das ist Kabarett wie eine Wurzelbehandlung ohne Betäubung. Manchmal muss es einfach ein bisschen radikal sein“, verkündet der Glaubensbruder mit einem Augenzwinkern.